Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .
35 13. Februar, wurde das Verhältnis zwischen dem Kabinett und dem Oberhofpostamt in Wien, bei dem der geheime Dienst arg verfallen war, neu geordnet. Joseph verfügte, daß nur der Kabinettssekretär diesem Anordnungen zu geben habe. Im Hofpostamt hatten für die Estafetten, die ausnahmslos durch das Kabinett laufen mußten, zwei Postillone zur Verfügung zu stehen. Im Postamt selbst versahen den geheimen Dienst der Postverwaltungsadjunkt Mauchter und der Postoffizier Geissen- h o f, welche zwecks nächtlicher Beförderung von Postpaketen und Estafetten im Postamt ihre Wohnung hatten. Ein beliebter Weg, die Briefe der Interzipierung zu entziehen, scheint deren Aufgabe in der Umgebung Wiens gewesen zu sein, denn Mauchter und Geissenhof wurde nunmehr auch aufgetragen, den Postmeistern in Wiens Umgebung in Erinnerung zu bringen, daß alle von reisenden Fuhrleuten, Bedienten oder Fremden aufgegebenen Briefe nicht an den Adressaten sondern an das Hofpostamt zu senden seien 21). Wir kehren wieder zur Geschichte der Kabinettskanzlei zurück. Nach dem Tode Josephs II. entließ Kaiser Leopold bis auf Kronenfels das gesamte Personal seines Vorgängers, das wohl den Dienst weiterhin versah, bis am 14. Mai 1790 die Neubesetzung des Kabinetts erfolgte. Leopold ernannte einen wirklichen Hofsekretär — Ranieri Fulgher —, drei Kabinettsoffiziale — Thomas Young, seit 1783 im toskanischen Staatsdienst, Josef Streinsberg und Kajetan Steffani — und drei Kanzlisten — Josef und Andreas Neuberger, die somit wieder angestellt wurden, und Alexander von Lagusius. Deren Zahl wurde am 18. Juni durch Ernennung Leopolds Lagusius und am 6. August 1791 durch Ernennung des als Rechnungsbeamter bei der Zentralbuchhalterei dienenden Johann Neuberger22) erhöht. Mit diesem Personenwechsel ging, wie an anderen Stellen darzulegen ist, auch eine Änderung der Geschäftsführung Hand in Hand 2S). 1791 veranlaßte ein folgenschweres Versäumnis des Lemberger Guber- niums und der Hofkanzlei den Kaiser eine Kontrolle der Hofstellen mit Ausnahme der Staatskanzlei ins Leben zu rufen. Der Kaiser war hiezu durch einen Antrag des Hofrates der Justizstelle von Keeß bewogen worden, dem er trotz der Vorstellungen Hatzfelds, der diese Maßnahme als Bezeugung eines Mißtrauens gegenüber den Hofstellen betrachtete, Folge gab. Leopold führte mit Handschreiben vom 1. Dezember dieses Jahres migte die Errichtung einer neuen Loge in Köln und vielleicht auch einer in Brüssel; die Aufstellung einer Loge in Mainz lehnte er ab, „weil solcher, solange der gegenwärtige Kurfürst lebt und die dortige gehäßigen Gesinnungen fort- dauern, ohne dieß als unthunlich anzusehen ist“. 21) B 160, Bill. Prot. 22) OKA. ZI. 323, 324, 326/1790. 23) Gedruckt F. Walter, Die österreichische Zentralverwaltung, II. Abt., 4. Bd., S. 156. 3*