Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .
34 Erleichterung der Auflösung neuer Ziffern alle ihm nötig erscheinenden Schriftstücke der Staatskanzlei nur zu seiner eigenen Einsicht einzufordern, wurde nunmehr befohlen, daß die Staatskanzlei von Zeit zu Zeit alle von den eigenen diplomatischen Vertretern eingelangten Berichte und die an diese ergangenen Weisungen der Ziffernkanzlei zur Kenntnis zu bringen habe, damit der Kabinettssekretär und der Kanzleidirektor sie lesen und die ihnen dienlich erscheinenden Schriftstücke den De- chiffreuren zur Einsicht überlassen könnten. Diesen hatte die Staatskanzlei auf Aufforderung durch den Kabinettssekretär sogenannte „Kollekten“, das waren Zusammenstellungen des auf die zu lösende Ziffer vermutlich Bezug habenden Schriftwechsels mit den eigenen Vertretern und der Interzepte aller fremden, an dem in Betracht kommenden Hofe dienenden Vertreter — diese wurden nämlich in der Staatskanzlei, nicht in der Ziffernkanzlei verwahrt — zu übersenden. Kaiser Joseph genehmigte weiters die Umbenennung der Ziffernkanzlei in „Kabinets-Kanz- ley“. Kronenfels hatte beantragt, um der Kanzlei ein der Öffentlichkeit verborgenes Wirken zu ermöglichen, sie der Staatskanzlei einzuverleiben: Joseph lehnte dies aber ab, da er wie Kaunitz befürchtete, daß die jähe, beträchtliche Vermehrung des Staatskanzleipersonales, welche im Staatsschematismus in Erscheinung treten würde, viel Aufsehen verursachen würde. Er genehmigte ferner den Antrag Kronenfels dem Kanzleidirektor, als welcher Dolfin belassen wurde, drei einander abwechselnde Subdirektoren, Lang, Siverdes und Herrl, zur Unterstützung zur Seite zu stellen. Endlich traf der Kaiser noch eingehende Verfügungen über die Heranbildung des Nachwuchses. Auch die Ausarbeitung einer Instruktion für das Kabinett wurde Kronenfels aufgetragen17 18). Der Erfolg der Arbeit des Kabinetts hing wesentlich davon ab, daß die Postlogen möglichst viel interzipierten und einsandten; Kronenfels Vorschläge beschränkten sich daher nicht auf den inneren Aufbau und die einem Wunsche des Kaisers entsprechende engere Verbindung mit der Staatskanzlei ls), sondern erstreckten sich auch auf das Gebiet der Postlogen. Er erreichte es, daß der Polizeidirektion in Wien auf getragen wurde, ihm von Zeit zu Zeit die Namen verdächtiger oder überführter Personen mitzuteilen, damit er die Postlogen beauftragen könne deren Briefwechsel zu überwachen 19). Ferner setzte er durch, daß die Zahl der Postlogen im Auslande vermehrt, der Dienst in allen Logen verbessert wurde, die „Logisten“ durch Belohnungen zu eifriger Arbeit angespornt würden und daß zwei der Beamten, Monier und Derch, zur Besichtigung und besseren Einrichtung aller Postlogen entsandt würden 20). Wenige Tage später, am 17) Diese ist nicht erhalten. 18) B 966 an Kaunitz 8. 12. 1786, Billetenprotokoll. 10) B 126 an Graf Pergen 4. 2. 1787 ebenda. 20) Entschließung 3. 2., Exhibitions- und Expeditionsprotokoll der Kabinettskanzlei Nr. 682. Kronenfels’ Vorschläge sind nicht erhalten; der Kaiser geneh-