Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 3. Das Kabinett Josephs II. bis 1780
29 gung Josephs erworben haben6). Zu seinem Nachfolger wählte Joseph zunächst probeweise den vordem als Legationssekretär in Berlin in Verwendung gestandenen Hauptmann Josef Weber von Felsen- b 1 ü e, der als kluger, bescheidener Mann und rascher Arbeiter die Erwartungen des Kaisers so erfüllte, daß er ihn dauernd in dieser Verwendung behielt7). Wenngleich Röder und Weber im Kabinett des Kaisers Dienst taten und den Titel geheimer Kabinettssekretäre führten, so erscheint von ihnen doch nur der Erstgenannte im Status des Kabinettes 8) und dieser auch nur in den Jahren 1769 bis 1772; dies erklärt sich wohl daraus, daß beide von jenen drei Jahren abgesehen, ihren Gehalt nicht wie die übrigen vom Oberstkämmeramt bezogen. Röder und Weber versahen aber nicht ausschließlich die Reichsgeschäfte. Röder oblag auch der ChiffredienstB) und beide wurden aushilfsweise zu anderen Arbeiten, die wie Personalsachen zunächst den übrigen im Kabinett Angestellten geheim bleiben sollten, herangezogen 10). Der umgekehrte Fall, daß einer der anderen Kabinettsangestellten Röder oder Weber vertreten oder unterstützt hätten, scheint nicht vorgekommen zu sein; es hat vielmehr den Anschein als ob Freiherr von <>) Arneth, Maria Theresia und Joseph II., Bd. 1, S. 128, Österr. Archiv Bd. 62, S. 227, Wiener Diarium Nr. 56, von 1772. 7) Khevenhüllers Tagebuch 1770—1773, S. 137, 424 N. 160. Josef Weber von Felsenblüe, geboren in Freiburg i. Br., taucht 1. 7. 1752, 25 Jahre alt, als Gemeiner im österreichischen Infanterieregiment Nr. 54 Baron Sincere auf; 26. 11. 1754 ist er als Unterleutnant, 12. 3. 1760 als Hauptmann im selben Regiment bezeugt. Bis 31. Oktober 1768, da er seine Charge verkaufte, gehörte er dem Regiment an. (Kriegsarchiv, Musterungslisten.) Aber schon 1764 muß er, einem Bericht des österr. Gesandten in Berlin Josef Jakob Graf Nugent zufolge (vom 3. 12. 1768, StK., Preußen, Berichte), diesem als Adjutant nach Berlin gefolgt sein, als welcher er auch mit der Ministerialkorrespondenz beschäftigt war. Nach seinem Austritt aus dem Regiment wurde er zum Legationssekretär ernannt. Mangelnde Gesundheit, insbesonders ein Augenleiden, zwang ihn wiederholt, um Entlassung aus dem Dienst zu bitten, die ihm endlich um die Jahreswende 1771 auf 1772 gewährt wurde. (StK., Vortrag v. 23. 12. 1771). Nach Roeders Tod bestellte Joseph II. zunächst probeweise Weber zu dessen Nachfolger; Friedrich II. hat die Vermutung ausgesprochen, daß die sorgfältigen Berichte Webers über die preußische Armee den Kaiser hiezu veranlaßt hätten. (Pol. Korr. Friedrichs II., XXXII. Bd., S. 377 ff., Nr. 21167). Der Probedienst stellte Joseph so zufrieden, daß er Weber dauernd behielt, obwohl sich dieser zu einem solchen Sonderling entwickelte, daß die Arbeit erschwert worden sein muß, denn Josephs Bruder Leopold erzählt: „nessuno li parla ni lo tratta e anche lTmperatore non lo vede mai.“ Desungeachtet behielt ihn Joseph II. bis zu seinem Tode; am 28. 4. 1790 wurde er, vom Verblichenen letztwillig wohl versorgt, entlassen (OKA. Z. 1300/1790). 8) Staatsschematismen. 9) „Roeder qui a le chifre ä main a fort bien dechifré ce que vous m’aves écrit“. Joseph II. an Leopold 4. 10. 1765, Habs.-lothr. Familienarchiv, Sammelband 15. 10) Z. B. Brief Josephs an Bottá d’Adorno in Familiensachen, geschrieben von Roeder 7. 11. 1765, Arneth, Maria Theresia und Joseph II., Bd. 1, S. 151.