Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 2. Die Kabinette Maria Theresias
20 von Koch übernommene, am 1. April 1763 zum „Hofsecretarius und bey dem geh. Cabinet Prothocollist“ beförderte Carl Joseph von Pistrich47), der am 1. Mai 1763 zum ,,k. k. geheimen Cabinets Can- zelist“ ernannte Ferdinand Royss48) und der am 1. Oktober 1768 zum „geheimen Cabinets Supernumerari Canzellist“ ernannte Franz Freiherr von Ehrenfeld49). Dem Kabinett wurden weiters mit 1. Mai 1763 zwei „Cabinets Bothen“ beigegeben. Als solche dienten Andreas Bauer50 *), der am 1. März 1770 durch Christ. Joseph Frenckhl ersetzt wurde61), und Ignaz Schuberth52). Püchler führte, wie bereits erwähnt, vornehmlich die besonders geheime Korrespondenz Maria Theresias. Zu ihr zählte vor allem der umfangreiche Briefwechsel mit dem Gesandten in Paris Grafen Mercy, der vornehmlich die 1770 mit Ludwig XVI. vermählte Tochter der Kaiserin, Maria Antoinette, zum Gegenstand hatte und bis zum Tode der Kaiserin reicht. Es ist ergötzlich zu sehen, wie Maria Theresia den Briefwechsel, der naturgemäß auch zur Berichterstattung über Hof- und politische Angelegenheiten führen mußte, vor Kaunitz geheim zu halten suchte, Kaunitz aber längst wußte, daß Maria Theresia solchen Briefwechsel nicht nur mit Mercy, sondern auch mit anderen auswärtigen Vertretern pflege, daher schon 1768 Mercy beauftragte, ihm „auf einen besonders zu besieglenden Blatt nur mit wenigen Worten und extractive die Contents dero Correspondenz anzuvertrauen“ 53). Maria Theresia hinwieder befahl Mercy, ihr alle zwei oder drei Monate einen Bericht zu senden, der so verfaßt sei, daß sie ihn auch Kaunitz lesen lassen könne 54). Maria Theresia ließ selbst Kaiser Joseph, der Mercys Briefe zu sehen begehrte, nur die für Kaunitz berechneten lesen 55). Püchler gewann in außergewöhnlichem Maße das Vertrauen der Kaiserin. „Mein getreuer Pichler“, schrieb sie einmal, „für den ich doch noch mehr [hinsichtlich der Verschwiegenheit] gutstehe als für mich selbst“ 56). Die Ziffernkanzlei arbeitet unter 47) Geheime Kammerzahlamtsbücher 1755/57, 1763/65 fol. 122, Nr. 14, 1766/ 69 fol. 202 Nr. 13, 1770/74 fol. 218 Nr. 14, 1778/82 fol. 2, Nr. 9. 48) Ebenda 1763/65, fol. 133 Nr. 73, 1766/69 fol. 204 Nr. 30, 1770/73, fol. 220 Nr. 29. «) Ebenda 1766/69 fol. 206 Nr. 46, 1770/73 fol. 221 Nr. 40. «i) Ebenda 1763/65 fol. 133 Nr. 70, 1766/69 fol. 204 Nr. 27, 1770/73, Fol. 220 Nr. 26. 51) Ebenda 1770/73 fol. 220 Nr. 26, 1778/82 fol. 3 Nr. 19. 52) Ebenda 1770/73 fol. 220 Nr. 27, 1778/82 fol. 3 Nr. 20. 53) Kaunitz an Mercy Postscriptum 11. 11. 1768, Arneth, Maria Theresia nach dem siebenjährigen Kriege, S. 563 n. 616. 54) 24. 5. 1770, Arneth et Geffroy, Maria Antoinette, Bd. 1, S. 8 n. 4. 55) Maria Theresia an Mercy 16. 6. 1774, ebenda, Bd. 2, S. 176 n. 35. Die gesamte eben besprochene Korrespondenz ist hier herausgegeben. 56) An Lacy 22. 3. 1769 Arneth, Maria Theresia, Bd. 8, S. 140. In ihrem Testament verfügte sie, daß „dem Pichler eine Tabatiere mit mein Portrait“ gegeben werde. Ebenda S. 735.