Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 2. Die Kabinette Maria Theresias

18 treffen und Ihme anvertraut werden, an dem Hof- und Staats Canzler H. Wenzl Grafen von Kaunitz Rittberg per expressum angewiesen ha­ben“ 80). Wenige Tage später, am 17. Februar, fertigte das Obersthof­meisteramt ein Dekret für Püchler aus, mit dem dieser zum „geheimen Secretarius bey dem Cabinet“ ernannt wurde32). Püchler dürfte vor­nehmlich die bisher von Nenny geführten Geschäfte übernommen ha­ben 33). Maria Theresia schätzte Nenny als emsigen und unermüdlichen Arbeiter mit einem klaren Kopf, als offenen, ehrlichen, religiösen und liebenswürdigen Menschen, aber „il parle facilement“34). Wohl darum entzog sie Nenny einen Teil der bisher von Koch geführten Geschäfte; sie übertrug nämlich Püchler auch die Führung der besonders geheimen Korrespondenz3S 36), gleichwie die Leitung des Chiffrekabinetts3#). Dar­aus darf wohl auch geschlossen werden, daß Püchler nicht etwa im Ka­binett Nennys diesem untergeordnet diente, was anzunehmen sein Titel „geheimer Secretarius bey dem Cabinet“ nahelegen könnte, sondern daß er ein eigenes Kabinett hatte. Gleich seinem Vorgänger führte Nenny einen ausgedehnten Briefwech­sel in innerpolitischen Angelegenheiten. Ebenso rege war auch sein schriftlicher Verkehr mit den diplomatischen Vertretern im Auslande; die­ser beschränkte sich jedoch auf Angelegenheiten der kaiserlichen Familie und einen bloßen Nachrichtendienst37). Die sachliche Bearbeitung der von den Hofstellen einlaufenden Vorträge in Angelegenheiten der deut­schen und ungarischen Erblande oblag dem Staatsrat; Nenny referierte der Kaiserin hierüber nur dann, wenn sie es zu ihrer Erleichterung bei weitläufigen Schriftstücken befahl. Die außenpolitischen Angelegenheiten scheinen ihren Weg weder durch Nennys noch durch Püchlers Kabinett 32) OKA., Dekretenbuch, Heft 6, ZI. 299. 33) Schlüsse über Nennys und Püchlers nunmehrigen Geschäftskreis ermög­lichen: Kaunitz an Mercy 11. 11. 1768, Arneth, Geschichte Maria Theresias nach dem siebenjährigen Kriege S. 563 n. 616, Maria Theresia an Erzh. Ferdinand, 28. 12. 1775, Arneth, Briefe der Kaiserin Maria Theresia, Bd. 1, S. 349, s. auch Arneth, Maria Theresia, Bd. 8, S. 137. Am 8. 3. 1763 schrieb Püchler an den Grafen Pergen: „S. M. vient de me faire de me nommer son scérétaire privé en partageant les affaires, dönt il [Koch] a été chargé, entre Monsieur de Neny, á present secretaire du cabinet, et moi.“ Staatskanzlei, Große Korres­pondenz, Fasz. 242, Konv. E. 34) Maria Theresia an Mercy, Arneth et Geffroy, Maria Antoinette Bd. 2, S. 13 f. 35) Maria Theresia an Pergen 7. 3. 1763, 24. 2. 1764, Arneth, Maria Theresia an Kinder und Freunde, Bd. 4, S. 274, 285, dieselbe an Erzh. Leopold 19. 10. 1769, ebenda, Bd. 1, S. 29. 36) Vortrag Kaunitz 10. 3. 1774, Staatsrat, Präs., Fasz. I, ferner Bemerkung des Großherzogs Leopold 1785, Sammelband 76 e, Fol. 414 f. 37) Er liegt verteilt in den Alten Kabinettsakten, im Nachlaß Nenny, in Eng­land, Varia, Fasz. 12, Spanien, Varia, Fasz. 71. Siehe ferner seinen Briefwechsel mit Brukenthal im Archiv für Siebenbürgische Landeskunde, Bd. 31 (veröffent­licht aus den Beständen des Brukenthalmuseums in Hermannstadt.

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