Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 2. Die Kabinette Maria Theresias
17 nettes war es dann, in Chiffern geschriebene Briefe zu entziffern und all die Interzepte der Kaiserin vorzulegen, welche jene bezeichnete, die ob ihres Inhaltes der Staatskanzlei zu übergeben wären28). Das Ziffernkabinett scheint erst durch Koch organisiert worden zu sein. Im Oktober 1751 erwähnt er, daß der erste Beamte des Kabinetts begonnen habe, Schüler heranzuziehen. Aber schon zu dieser Zeit arbeitete das Kabinett so vortrefflich, daß Koch klagte, daß dessen Ruf unglücklicher Weise so groß sei, daß die diplomatischen Vertreter der fremden Staaten ununterbrochen ihre Chiffern wechseln. Wenn diese Chiffern auch immer schwieriger wurden, so wußte sie das Kabinett doch stets zu lösen. Kochs Briefwechsel mit Kaunitz gibt ein anschauliches Bild dieses Chiffernkamp- fes 2e). Kochs Wirkungskreis erfuhr in den Jahren 1759 und 1761 erhebliche Einschränkungen. Wohl um den bereits alten Mann zu entlasten — Koch zählte damals schon 60 Jahre — berief Maria Theresia 1759 den k. k. Staats- und Finanzrat in den Niederlanden Cornelius von Nenny, der fünfundzwanzig Jahre Staatsdienst in den Niederlanden und in Wien aufzuweisen hatte, nach Wien, „um unter Hírőseiben Aufsicht die Cabinets Expedition zum Theil zu führen“. Sie errichtete somit neben dem Kabinett Kochs ein zweites. Es darf aus einem späteren Dekret für Nenny als einziger hiefür zur Verfügung stehender Quelle geschlossen werden, daß er die Familienkorrespondenz der Kaiserin zu führen hatte 30). 1761 trat der Staatsrat ins Leben, jene Schöpfung des Staatskanzlers Kaunitz, welche in grundsätzlicher Trennung von den obersten Verwaltungsbehörden und ihren Leitern lediglich ein Rat des Monarchen in den inneren Angelegenheiten des Staates sein sollte. Er bearbeitete fortan alle von den Hof stellen dem Herrscher unterbreiteten Vorträge und bereitete die allerhöchsten Entschließungen vor. Hierauf wird noch zurückzukommen sein 31). Am 14. Februar 1763 starb Koch, Maria Theresia übertrug dessen Geschäfte zum großen Teil nunmehr Nenny, den sie zugleich zum „geheimen Cabinetssecretarius“ ernannte. In dem Dekret, welches das Obersthofmeisteramt am 14. Februar für Nenny ausfertigte, wurde ihm auch „erinneret, daß ihme nach alten Herkommen nicht nur allein die einem Cabinets-Secretario zuzukommen habenden Schriften behändiret“ werden sollen, sondern „Ihre K. K. A. M. wollen Ihn auch in Sachen, welche sowohl die auswärtig als einheimische Staats Geschäfften bewiesen wäre, geschickt hätte“. S. Brunner, Der Humor in der Diplomatie, Bd. 2, S. 68 n. 53. 28) Denkschrift Kaiser Josephs 27. 4. 1773, Staatsrat, Präs., Fasz. I. 2») Hg. v. Schütter (s. Anm. 17) insbes. S. 106, 117, 123, 125, 131, 137, 144, 264, ferner Vortrag 25. 11. 1817, Staatskanzlei, Vorträge, Fasz. 309. 30) OKA., Dekretenbuch, Heft 6, ZI. 298. si) S. S. R e i n ö h 1, Geschichte der k. u. k. Kabinettskanzlei 2