Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 2. Die Kabinette Maria Theresias

15 träge der Hofstellen 14), daß auch Bittschriften und Denkschriften durch seine Hand gingen und daß es ihm oblag, für die Beförderung der Ent­schließungen, Befehle und Briefe Maria Theresias zu sorgen. Maria The­resia soll anfänglich die Absicht gehabt haben, Koch nur für die inneren Angelegenheiten des Staates, für die Haussachen und persönlichen An­gelegenheiten zu gebrauchen, für die auswärtigen Angelegenheiten aber einen von Koch unabhängigen zweiten Kabinettssekretär zu ernennen, als welchen sie den Gesandten in London Ignaz Johann von Wasner aus­ersehen gehabt haben soll15). Dazu ist es nie gekommen; hiefür ward gleichfalls Koch verwendet. Koch errang nämlich in kürzester Zeit das uneingeschränkte Vertrauen Maria Theresias. Sie schätzte nicht nur, wie schon gezeigt wurde, seine Fähigkeiten sehr hoch, sondern auch seine Wesensart. „Dessen Verschwiegenheit“, so schrieb sie in der oberwähnten Denkschrift, „hat wenig ihres Gleichen, dabey er ungemein ehrlich, christlich und ohne Intriquen ist; er war schier mit mir auf den Fuß wie Tarucca“. Diese Tatsache hat im Verein mit einer anderen Koch eine über­ragende Stellung gegeben. Ein beträchtlicher Teil der Weisungen Maria Theresias an die obersten Beamten erging nämlich nicht, wie dies seit Joseph II. zur Regel wurde, in der Form kaiserlicher Handschreiben, son­dern in der Form persönlicher, im Aufträge der Herrscherin geschrie­bener Briefe Kochs. Die Berichte und Auskünfte dieser Beamten wurden daher gleichfalls nicht in die Form dienstlicher Vorträge an Maria There­sia, sondern in jene persönlicher Schreiben an den Kabinettssekretär ge­kleidet. So entstand ein ausgedehnter Briefwechsel, den Koch in inneren Angelegenheiten mit dem Präsidenten des Directoriums in publicis et cameralibus Friedrich Wilhelm Grafen Haugwitz 16), mit dem mailändi­schen Großkanzler Cristiani17), mit Fürst Anton Grassalkowics führte 18). Daß Koch mehr als Handlanger war, beweisen nicht nur diese Briefe, sondern bezeugt auch der Umstand, daß ihn Maria Theresia in jene Kom­mission entsandte, der sie im Dezember 1750 die Beratung eines Vortrages des Johann Christoph Grafen Haugwitz über die Entscheidung verwal­tungsgerichtlicher Streitfälle übertrug 19). Koch soll es auch gewesen sein, 14) Tagebuch Zinzendorfs, 10. 8. 1779. 15) S. die Anm. 9 erwähnte Relation Capellos. >6) Fellner-Kretsdimayr, Zentralverwaltung II/2, S. 169 n. 1. 17) Schiitter, Correspondence secrete entre le Comte A. W. Kaunitz-Riet- berg et le Baron Ignaz de Koch, S. XIX. 18) Ungarn, Fasz. 431 d. la) Fellner-Kretschmayr, a. a. O., S. 315. Für Khevenhüllers Behauptung (Fürst J. J. Khevenhüller-Metsch, Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch hsg. v. Khevenhüller-Metsch und Schiitter, 2. Bd., S. 230), daß Koch mit Manna- getta und Kannegießer auf Befehl Maria Theresias den ersten Entwurf für die Errichtung des Directoriums in publicis et cameralibus ausgearbeitet habe, läßt sich kein aktenmäßiger Beweis erbringen; ihr widersprechen die Forschungs­ergebnisse Kallbrunners und Winklers in Fellner-Kretschmayr, a. a. O., II. Abt., Bd. 2.

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