Walter Goldinger: Ergänzungsband 5. Geschichte des Österreichischen Archivwesens (1957)
Schatzgewölbe und Kanzleiarchive
Schatzgewölbe und Kanzleiarchive 9 Ordensherren, den Burgwächtern der Feste Starhemberg, anvertraut, was nach dem Tode Friedrichs II. zu Schwierigkeiten bei der urkundlichen Beweisführung über das Erbrecht der beiden Babenbergerinnen Margarethe und Gertrud geführt hat32). Die Wiener Universität sollte nach Anweisung ihres Stifters ihren Urkundenschrein, scrinium, bei St. Stephan hinterlegen, allem Anschein nach doch in Verbindung mit dem von Rudolf IV. so stark geförderten Kirchen- und Reliquienschatz dieses Heiligtums. Diese Bestimmungen der Gründungsurkunde der Universität blieben freilich unausgeführt33). 1387 wird dann eine scutula für Urkunden genannt, 1410 hören wir von einer archa, die aber in der Universität selbst, später im Herzogskolleg, ihren Platz fand34). Die Gestaltung der Archiveinrichtung von Bürgergemeinden, der Städte und Märkte, ist wesentlich abhängig von der Tatsache, ob und seit wann ein ständiges Zentrum der Verwaltungstätigkeit, ein festes Rathaus, bezogen worden ist35 36). Ein solches wird 1270 und 1276 in Tulln genannt38), in Oberösterreich erstmalig in einer Freistädter Urkunde vom 12. März 1382 37). Auch diese Kommunen haben ähnlich wie die geistlichen Korporationen fallweise zu dem Mittel der mehrfachen Sperre gegriffen, wie wir etwa in Wiener Neustadt feststellen können38). Dort hat ein zeitweise Veränderungen unterworfenes enges Verhältnis zwischen Stadtarchiv und Pfarrarchiv bestanden, die städtischen Urkunden wurden in einem Turm der Pfarrkirche hinterlegt, um die Mitte des 16. Jahrhunderts befanden sie sich im Erdgeschoß eines dieser Türme. In einem kaiserlichen Mandat vom 20. November 1555 heißt es, dies sei je und allwegen so gewesen39). Bei der Inventarisierung der Tiroler Archive am Ende des 19. Jahrhunderts hat man gleichfalls mehrfach die Wahrnehmung gemacht, daß die Gemeindearchivalien in und bei Pfarrkirchen ver32) MG., Ep. saec. XIII/2, 310 nr. 427; Lhotsky 7. 33) S c h r a u f, Zur Geschichte des Wiener Universitätsarchivs. MIÖG, 6. Erg.-Bd., 742; Goldmann, Die Universität. Geschichte der Stadt Wien, hgg. v. Alterthumsverein VI, 93 ff. 34) S c h r a u f 743, 745. 35) Zibermayr 28. 36) A. K e r s c h b a u m e r, Geschichte der Stadt Tulln, 21901, 314. 37) Oberösterreichisches UB 10, 99; Zibermayr 28. 38) Eine Meßstiftungsurkunde von 1363 II 6 enthält die Bestimmung: alle die brief, die umb die vorgenant gult geben werdent, wie die genannt sind, schulten alle geantwort werden ane alle Widerrede den purgern dez rates in der Newnstat, di schulten si denn legen in den turn, in der sagrer oder wa si wizzen nach iren trewen, da si allerpest bewaret und behalten sein. A. Winter, Bruchstücke aus der Geschichte eines österreichischen Stadtarchivs. Mitteilungen d. Zentralkommission f. Kunst und historische Denkmale, NF 41, 1878, 14. 39) Lindeck-Pozza, 200 Jahre Stadtarchiv Wiener Neustadt. Unsere Heimat 25 (1954) 216 f.