Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 52. Oswald Gschliesser (Innsbruck): Zur Geschichte der Grundrechte in der österreichischen Verfassung

48 Gschliesser, § 26. Der Gerichtsstand für das Militär bleibt bis zum Erscheinen eines besonderen Gesetzes unverändert. § 27. Die Beseitigung der in einigen Teilen der Monarchie noch gesetzlich bestehenden Ver­schiedenheiten der bürgerlichen und 'politischen Rechte einzelner Religionsconfessionen, sowie die Aufhebung der der Erwerbung aller Arten von Grundbesitz noch entgegenstehenden Be­schränkungen, werden der Gegenstand dem ersten Reichstag vorzulegender Gesetzesvor­schläge bilden. § 28. Die Richter können nur durch ein Erkenntnis der Gerichtsbehörden entlassen, im Dienste zurückgesetzt, oder gegen ihren Wunsch an einen andern Dienstort oder in den Ruhestand versetzt werden. § 29. Die Rechtspflege wird durch öffentliches münd­liches Verfahren ausgeübt. Für die Straf­gerichtspflege werden Schwurgerichte eingeführt, deren Errichtung ein besonderes Gesetz be­stimmen wird. § 30. Änderungen in der Einrichtung der Gerichts­höfe können nur durch ein Gesetz eingeführt werden. § 31. Allen in der Monarchie durch die Gesetze anerkannten christlichen Glaubensbekenntnissen und dem israelitischen Cultus ist die freie Ausübung des Gottesdienstes gesichert. t. 100. Les juges sont nommés á vie. Aucun juge ne peut étre privé de sa place ni suspendu que par un jugement. Le déplacement d'un juge ne peut avoir lieu que par une nomination nouvelle et de son consentement. t. 96. Les audiences des tribunaux sont publiques, á moins que cette publicité ne sóit dangereuse pour Vordre ou les moeurs et, dans ce cas, le tribunal le declare par un jugement. En matiére de délits politiques et de presse, le huis-clos ne peut étre prononcé qu'a Vun- animité. t. 98. Le jury est établi en toutes matiéres criminelles et pour délits politiques et de la presse. t. 94. Nui tribunal, nulle juridiction contentieuse ne peut étre établi qu'en vertu d'une lói. II ne peut étre eréé de commissions ni de tribunaux extraordinaires, sous quelque dénomination que ce soit. t. 14. La liberté des cultes, celle de leur exercice public, ainsi que la liberté de manifester ses opinions en toute matiére sont garanties, sauf la repression des délits commis á Vusage de ces libertés. Aus dieser Gegenüberstellung ist zu ersehen, daß nur ganz wenige Bestimmungen in wörtlicher Übersetzung aus der belgischen Verfassung in die österreichische vom 25. April 1848 übernommen worden sind und daß auch die Zahl der Paragraphen dieser Verfassung, die dem Sinne nach auf die belgische Verfassung als Vorbild hinweisen, nicht sehr groß ist. Nicht übernommen wurden aus dieser die wichtigen Grundrechte des Eigen­tums (t. 11), der Unzulässigkeit der Vermögenskonfiskation als Strafe (t. 12), der Unzulässig­keit eines Zwanges zur Teilnahme an religiösen Kulthandlungen und der Beobachtung der Sonn- und Feiertagsruhe (t. 15), der Freiheit der religiösen Gemeinschaften hinsichtlich der Bestellung ihrer Diener, des Verkehres mit ihren Oberen und der Veröffentlichung ihrer Erlässe (t. 16), weiters der Freiheit und der Unentgeltlichkeit des öffentlichen Unter­richtes (t. 17), der Versammlungsfreiheit (t. 19) und des Sprachenrechtes (t. 23). Die Abhängigkeit der Pillersdorfschen Verfassung von der belgischen Verfassung des Jahres 1831 ist daher, was den Abschnitt über die Grundrechte anlangt, keine allzu große und trifft auch diesbezüglich die Bemerkung Hugelmanns zu, daß Piliersdorf mit seiner Behauptung, die Verfassung vom 25. April sei größtenteils eine Nachbildung des belgischen Grundgesetzes gewesen x), zu weit gegangen sei 2). ) F. v. P., a. a. O., S. 37. !) Hugelmann, a. a. O., S. 253, Anm.

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