Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 50. Hermann Balti (Graz): Beiträge zur Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert
34 Balti, Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrh. noch mit aller unndertanigkait welle in allen lanndgerichten ein gnedigs furne men machen und darin ain Ordnung setzen“ x). Krones glaubte zuerst dieses in der von Chmel besorgten Druckausgabe auf 1478 datierte Stück schon auf das Jahr 1468, 20. Jänner, setzen zu müssen, während er sich später der von Chmel gegebenen Datierung 1478 anschloß * 2). Seine hiefür erwähnten Gründe sind vielleicht nicht voll überzeugend, wichtig aber ist, daß der Wunsch der Stände nach einer Landgerichtsordnung auch 1478 ein Novum darstellte: die Landgerichtsordnung für das Landgericht Wolkenstein stammt von „Sonntag vor Lichtmess 1478“, der Landtag auf dem die eingangs erwähnte Forderung nach Erlassung einer Ordnung für alle Landgerichte vertreten wurde, dürfte im Sommer 1478 gehalten worden sein, so daß diese Forderung also als erstes Dokument eines Kodifikationsplanes für das steirische Strafrecht anzusehen wäre. Zugleich wäre dies überhaupt der erste Beleg für eine derartige Absicht in den Erblanden! Es ist bekannt, daß gegen die Sonderstellung des Landgerichtes Wolkenstein sich im 16. Jahrhundert mehrfach Widerstand erhob. So ersuchte am 28. Dezember 1525 die steirische Landschaft, es solle der Landgerichtsbrief von 1478 übersehen und verbessert werden ,,. . . und bitten, darzuhalten wie ander landgericht, dieweil kaiser fridrich anzaigt, er welle genedigelich bedenkhen dasselb zu ordnen“ 3). Man wünschte also, daß für alle Landgerichte die gleichen Vorschriften gelten sollten. Wann hat Kaiser Friedrich III. das 1525 von der Landschaft erwähnte Versprechen gegeben ? Es ist nur eine Vermutung, hier auf den am 6. Jänner 1480 zu Graz gehaltenen Landtag hinzuweisen. Unter den Artikeln, die „auss grosser merklicher nottdurft an die k. m. zu pringen sein“ wird auch angeführt „der lanndtgericht halben darinn meniger beswart und hoch gedrungen wirt, bitten wir auch sein k. g. in allen lanndtgerichten ain genedige Ordnung zu machen mit den pussen und annderem, damit solch beswarnuss dess halben abgetan wirdet“ 4). Diese Forderung kann sehr leicht durch das Vorbild von Wolkenstein angeregt worden sein und bezieht sich hier eindeutig auf alle steirischen Landgerichte. Vielleicht hat der Kaiser darauf eine zusagende Antwort gegeben, jene Antwort, auf die die Landschaft 1525 wieder abstellte. Jedenfalls ist somit in Steiermark früher als anderswo, insbesondere früher als in Tirol, der Wunsch nach einer solchen Ordnung der Landgerichte bezeugt, !) Mon. Habs. 1/2 MXVI, 1478. 2) F. Krones, a. a. O., S. 99. 3) Byloff S. 12. 4) Mon. Habs. 1/3 Nr. CLXVI.