Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 51. Karl Bednar (Wien): Zur mittelalterlichen Besiedlungs- und Grundbesitzgeschichte der Schneeberggegend
35 Zur mittelalterlichen Besiedlungs- und Grundbesitzgeschichte der Schneeberggegend. Von Karl Bednar (Wien). Den Antrag der Leitung des Wiener Staatsarchivs, mich ebenfalls mit einem Beitrag an der Festschrift zur Feier des zweihundertjährigen Bestandes dieses führenden wissenschaftlichen Institutes Österreichs zu beteiligen, konnte ich nur als angenehme Pflicht auffassen, nach einer Reihe von Jahren einer durch die Ereignisse des letzten Jahrzehntes erzwungenen Pause wiederum zur Erforschung der Besiedlungsgeschichte Niederösterreichs im Hochmittelalter zurückzukehren. Der vorhegende Beitrag zur Besiedlungs- und Grundbesitzgeschichte des süddanubischen Teiles des östlichen Niederösterreich, also des Viertels unter dem Wienerwald, soll eine doppelte Aufgabe erfüllen: da von diesem Viertel erst drei Teilgebiete (Altwien mit seinen westlichen Vorstädten und Vororten l), weiters der Raum zwischen Fischamend, Pottendorf und Hainburg 2) und schließlich das Pittner Ländchen3) in besiedlungs- und besitzgeschichtlicher Hinsicht behandelt worden sind, so soll nun hier eine weitere 4) Vorarbeit geleistet werden in der Erwartung, daß von der Forschung die vielen noch notwendigen diesbezüglichen Teiluntersuchungen für dieses Landesviertel allmählich noch beigesteuert würden, was schließlich mit einer fundierten Gesamtdarstellung der mittelalterlichen Besiedlungs- und Grundbesitzgeschichte dieses Viertels nach jetzigen fachwissenschaftlichen Methoden seine Krönung finden müßte; die vorliegende Arbeit sollte aber weiters auch noch zeigen, was uns einzelne Urkunden unserer Archive zu sagen vermögen, wenn wir sie über ihren unmittelbaren und ausdrücklichen Inhalt hinaus im Lichte anderer, aber indirekter Quellen zum Sprechen bringen können. Eine solche überaus wichtige, wenn auch bei weitem noch nicht voll ausgeschöpfte Quellenart sind die Ortsnamen unserer Ansiedlungen. Seinerzeit schon konnte ich deren Wichtigkeit für die besiedlungsgeschichtliche Forschung in den Gedanken kleiden, daß unsere heimatlichen Ortsnamen in überaus zahlreichen Fällen sozusagen den Geburtsschein der betreffenden Siedlung darstellen 5), der uns Entscheidendes über die Zeit der Entstehung des betreffenden Ortes und seinen Bestifter zu sagen vermag. Eine ausführlichere Darstellung und Begründung gerade dieser Forschungsmethode erfolgte seinerzeit in dem Aufsatze: Was erwarten Besiedlungsgeschichte und Ortsnamenkunde des Burgenlandes vom Lehrstande 6) ? Diese Forschungsart hat in der Tat seit einem Vierteljahrhundert bereits eine erfreuliche und ergebnisreiche Anwendung gefunden 7). Ganz besondere Bedeutung kommt а) E. Klebel, Zur Frühgeschichte Wiens (Abhandlungen zur Geschichte und Quellenkunde d. Stadt Wien, IV., 1932); H. v. Mitscha-Märheim, Eine genealogisch-besitzgeschichtliche Untersuchung zur Frühgeschichte Wiens (Monatsbl. d. Vereines f. Geschichte d. Stadt Wien, 1937). 2) K. Bednar, Jahrbuch f. Landeskunde v. Nd.-Öst., 1929, S. 417—430; H. Mitscha-Märheim, Chrumbinuz, Bwanc und Hainburg (Unsere Heimat, 1947, S. 76—80); W. Goldinger, Unsere Heimat, 1947, S. 133. 3) C. Plank, Siedlungs- und Besitzgeschichte der Grafschaft Pitten, 1. Teil, 1946. 4) Über die Ausdehnung der Mark Österreich und damit des Siedlungsgebietes südlich der Donau im Zeitraum von etwa 1020 bis 1043: vgl. K. Bednar, Unsere Heimat, 1936, S. 220—225. 5) K. Bednar, Was erwarten Besiedlungsgeschichte und Ortnamenkunde des Burgenlandes vom Lehrstand? (Festschrift des Burgenländischen Lehrerblattes, 1930), S. 4 des Sonderabdruckes. б) A. a. O. 7) Vgl. K. Lechner, Ausgewählte Werke, S. 179 f.