Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 72. Hans Lentze (Innsbruck): Joseph von Spergs und der Josephinismus
394 Lentze, sondern wußte auch ein gutes Deutsch und Französisch zu schreiben. Sein Deutsch, das von Fremdworten ziemlich frei ist, paßt gut in die klassische Zeit unserer Literatur. Es zeigt uns, daß er sich die positiven Errungenschaften der Aufklärungszeit zu eigen gemacht hatte x). In seinem Stil prägt sich seine kühle und sarkastische Natur aus, die so ganz frei ist von der Sentimentalität seiner Zeit. Oft prägt er feingeschliffene Bonmots, von denen wir später noch Proben bringen werden. Der Inhalt der meisten Briefe ist rein persönlich, es werden Neuigkeiten aus dem beiderseitigen Bekanntenkreis mitgeteilt und Fragen des privaten Lebens besprochen. Besonders die Briefe an die beiden Laicharding tragen ganz privaten Charakter. Die großen Probleme der Zeit werden nur gelegentlich gestreift, soweit sie die private Sphäre berühren. Naturgemäß tragen die Briefe an Abt Norbert von Spergs einen anderen Charakter, da ein Abt in den Jahren 1780 bis 1782 andere Sorgen hatte als ein Privatmann. Hier steht ihm der Bruder mit seinen Verbindungen und seinen Informationen mit Rat und Tat zur Seite. Handeln die Briefe der theresianischen Zeit (1778 bis 1780) noch im wesentlichen von den Sorgen eines Barockprälaten, z. B. von der Ermäßigung der Wahltaxe, von der Anlage einer Gemäldegalerie im Stifte Wilten, die Joseph von Spergs seinen Bruder geradezu aufnötigte 1 2), von der Anbringung von Inschriftentafeln, von Kunstwerken und Künstlern und vom Verhältnis des Stiftes Wilten zur Universität, so wird das unter Joseph II. anders. Jetzt handeln die Briefe von den Reformen Josephs II. und ihrer Wirkung auf das Stift Wilten und damit auf das persönliche Schicksal des Bruders. Gerade der so ganz persönliche Charakter der Briefe gibt ihnen einen gewissen Reiz, denn hier zeigt sich der Mensch ohne Maske, und wir können einen Einblick in das Denken eines hohen Verwaltungsbeamten der josephinischen Zeit gewinnen. Eine Veröffentlichung der Briefe käme wegen ihres privaten Charakters nicht in Betracht, obwohl sie zahlreiche Einzelheiten für die Tiroler Landesgeschichte, besonders für die Geschichte der Universität Innsbruck, bieten. Leben und Werk. Um Joseph von Spergs begreifen zu können, sei nun eine kurze Skizze seines Lebens gegeben. Er entstammte einer ursprünglichen bürgerlichen Beamtenfamilie Innsbrucks (geb. in Innsbruck am 31. Jänner 1725) 3). Sein Vater war der oberösterreichische Regimentssekretär, Schatzregistrator und Archivar Anton Dionys Spergser 4), seine Mutter Anna Adelheid war die Tochter des oberösterreichischen Hofkammersekretärs Johann Specker von Friedeneck. Der Vater, der Lizentiat der Rechte war, war ein tüchtiger Archivar, so daß er wegen seiner Verdienste um die Ordnung des Innsbrucker Archivs von Kaiser Karl VI. mit Diplom vom 17. November 1732 in den Adelsstand mit dem Prädikat von Spergs erhoben wurde. Nach diesem abgekürzten Namen nannte sich dann die Familie. Da den Italienern die Aussprache dieses Namens Schwierigkeiten bereitete, nannte sich Joseph von Spergs später gerne Sperges, doch brauchte er beide Namensformen nebeneinander 5). Seine Studien absolvierte er an der Innsbrucker Universität, wo er Rechtswissenschaft studierte. Bereits als Student erregte er durch seine Talente Aufsehen. Im Geschmacke 1) Vgl. dazu Nagl-Zeidler-Castle, Deutsch-österreichische Literaturgeschichte, Bd. II/l, S. 41 ff., bes. S. 45 f. 2) Br. Wüten, f. 80, Nr. XX, 18. Dezember 1779; f. 90 f., Nr. XXIII, 1. April 1780; f. 99 f., Nr. XXV, 6. Mai 1780. 3) Dipauli, a. a. O., S. 2; Wurzbach, a. a. O., S. 138; Hüter, a. a. O., S. 140 führt als Geburtsdatum den 10. Jänner 1725 an. 4) Über die Famüie Spergser siehe Hormayr, Nationalkalender für Tirol und Vorarlberg auf das gemeine Jahr 1821, S. 20. 5) Dipauli, a. a. O., S. 2.