Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 72. Hans Lentze (Innsbruck): Joseph von Spergs und der Josephinismus
Joseph von Spergs und der Josephinismus. 393 manns-Chronik streicht Spergs sehr heraus und sagt geradezu: „Er gehört in die erste Reihe der österreichischen Biedermänner, und wir gestehen, daß wir stolz darauf sind, seinen Namen in diesem Verzeichnis zu wissen“ 4). Besonders seine Verdienste um Kunst und Wissenschaft werden gefeiert. Spergs scheint so der Typ des josephinischen Beamten zu sein, und er wird auch von Ritter 2) unter den Jansenisten und Illuminaten aufgeführt und dabei in eine Reihe mit so ausgesprochenen Freigeistern wie Born 3) und Sonnenfels 4) gestellt. Auch der Nachruf Wittolas 5) feiert Spergs als Vorläufer der kirchenpolitischen Reformen Josephs II. und läßt ihn als reinen Josephiner erscheinen. Wohl ist es richtig, daß Spergs ein Anhänger des theresianischen Reformkatholizismus war und zum Kreise der „Großen in Wien“ 6) gehörte, aber den Reformen Josephs II. stand er ablehnend gegenüber. Zur Zeit Josephs II. hat er eher zur konservativen Opposition gehört. Spergs in seinen Briefen. Das beweisen uns zwei Briefsammlungen, in denen sich Spergs vertraulich über die Fragen des Lebens ausspricht, während er in seinen veröffentlichten lateinischen Briefen 7) naturgemäß keine Beiträge zur Zeitgeschichte gibt 8). Spergs war ein sehr guter Lateiner, und darum wollen die 130 veröffentlichten lateinischen Briefe — meistens an italienische Gelehrte und Schriftsteller — in erster Linie als literarische Kunstwerke gewertet werden 9). Ganz anders gibt er sich in seinen vertraulichen Briefen. Es sind uns seine Briefe an den k. k. Gubernialrat und Straßenbaudirektor Andreas Josef von Laicharding in Innsbruck in deutscher Sprache, im Ganzen 51 Briefe, und fünf französisch geschriebene Briefe an dessen Sohn, den Naturforscher Johann Nepomuk von Laicharding 10), erhalten. Die Briefe an die beiden Laichardings stammen aus den Jahren 1768 bis 1786. Sie sind in einen Pappband gebunden, der in der Bibliothek des Museum Ferdinandeum (Innsbruck) auf bewahrt wird n). Der Band ist nicht paginiert, die einzelnen Briefe sind numeriert12). Eine andere Briefsammlung, die seine Briefe an seinen Bruder Abt Norbert von Spergs O. Praem. von Wilten währenddessen Regierungszeit als Abt (1778 bis 1782) 13) umfaßt, liegt im Archiv des Stiftes Wilten (ohne Signatur). Hier sind die Briefe in einem Lederband zusammengebunden, der paginiert ist, die einzelnen Briefe — im Ganzen 49 — sind numeriert 14). Spergs beantwortete Briefe in der Sprache, in der sie an ihn geschrieben waren, lateinisch, deutsch, italienisch und französisch lö). Er war nicht nur ein guter Lateiner, x) A. a. O., S. 190. 2) Kaiser Joseph II. und seine kirchlichen Reformen, Regensburg 1867, S. 28. 3) Die Literatur über Born ist zusammengestellt bei Braubach, Historisches Jahrbuch, Bd. 54, 1934, S. 24, Anm. 79; Wurzbach, a. a. O., Bd. 2, S. 71 ff. 4) Vgl. dazu Brunner, Mysterien, S. 55 ff.; Winter, Der Josefinismus und seine Geschichte, Brünn, München, Wien 1943, S. 189. 5) Siehe oben S. 392 Anm. 2. 6) Winter, a. a. O., S. 16 ff., bes. S. 32 ff.; Wintermayr, Mitteilungen d. Vereins f. Geschichte d. Stadt Wien, Bd. 17, 1938, S. 52 ff. 7) J. Spergesii Palentini centuria litterarum ad Italos. Hrsg, von Cremes, Wien 1793, S. 1 ff. Zitiert Centuria. 8) Dipauli, a. a. O., S. 40. 9) Dipauli, a. a. O., S. 39 f. 10) Über diesen und die Familie Laicharding siehe (Dipauli), Beiträge zur Geschichte, Statistik, Naturkunde und Kunst von Tirol und Vorarlberg, Bd. VIII, S. 186 ff. 11) F. B. 2045. 12) Im folgenden zitiert Br. Laicharding Vater und Br. Laicharding Sohn mit Nr. und Datum. 13) Dipauli, a. a. O., S. 46; Zacher, Ein Chorherrenbuch, hrsg. von Sebastian Brunner, Würzburg- Wien 1883, S. 707 f. 14) Zitiert Br. Wilten mit Seitenzahl, Nr. und Datum. 15) Dipauli, a. a. O., S. 39.