Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

Der österreichische Staatsvertrug mit Neapel von 1759. 389 Sie scheinet in ihrem Anzug zwar ziemlich gerader Gestalt zu sein; ich bin aber versichert worden, daß dieses bloß eine von vielen Stahl- und Fischbeinen erzwungene Bildung, und daß außer ihrer einem Harnisch gleichen Schnurbrust sie ungemein stark ausgewachsen ist. Dagegen rühmt er der zweiten Infantin Anmut, Gesundheit, munteren Geist, Herz und Gemüt*)• Tanucci erklärte zwar, er sei schon alt und hege nur noch den Wunsch, eine enge Verbindung zwischen Österreich, Frankreich und Spanien zu sehen, welche allein Europa den Frieden sichern könnte, feilschte aber mit seiner gewohnten „Finesse und Spitzfindigkeit“ um jeden Punkt des Vertragsentwurfes. Er stellte unwahre Behauptungen über angebliche Zugeständnisse Firmians auf, um sie dann wieder zurückzuziehen und erging sich wiederholt in Widersprüchen. Neipperg nahm einige Male die Vermittlung d’Aussuns in Anspruch. Die beiden Botschafter zeigten sich die Depeschen ihres Hofes, wobei Neipperg den Vorteil hatte, auch für seine Augen nicht bestimmte Mitteilungen zu erfahren, während er die Reskripte, die er aus Wien erhielt, in etwas freier Weise dem des Deutschen unkundigen Franzosen übersetzte * 2). Karl wurde als künftiger Herr Spaniens von England umworben, das Absichten auf San Domingo, die reichste französische Kolonie und damals die Zuckerinsel der Welt, hatte, aber Madrid und Neapel erklärten, ein englisches San Domingo würde die erdrückende Übermacht Großbritanniens bedeuten, gegen welche Spanien die Waffen ergreifen müßte. Karl Emanuel III. lud durch Comte de Roubion und Sir John Gray Karl III. zu einem Bündnis ein. England schaltete, da der katholische König mit der protestantischen Macht kein Bündnis schließen könne, ohne die Gemüter seiner Untertanen zu verletzen, Sardinien ein, dem als Kuppelpelz Finale und das Marquisat Savona in Aussicht gestellt wurden. Der Plan wurde von Wall und Elisabeth Farnese gefördert, deren Haß gegen Österreich mit den Jahren nicht abnahm. Karl III. schob die Entscheidung hinaus, die schließlich zum Abschluß des Familienpaktes und Eintritt Spaniens in den Krieg gegen England führte 3). Kurz bevor Karl Neapel für immer verließ, nahm Tanucci nach langem Feilschen die Präliminarien an. Kaunitz vermutete, daß der Abschluß der Konvention durch den Wunsch des Königs befördert wurde, als Friedensstifter angerufen zu werden. Frankreich schien am Ende seiner Kraft angelangt zu sein. Geldmangel, der Verfall von Heer und Flotte, der drohende Verlust von Cap Breton rieten schon im April 1758 zum Frieden. Kaunitz regte die spanische Vermittlung an, er hoffte auf einen englisch-französischen Frieden ohne Preußen, „wozu auch England willig die Hände bieten sollte, wenn es seine eigene Wohlfahrt und das europäische Gleichgewicht recht beherzigte“. Denn das Zusammengehen Österreichs mit Frankreich habe das Gleichgewicht nicht gestört, sondern aufrecht erhalten. Hätte die Kaiserin sich nicht mit Frankreich verbunden, hätte Ludwig XV. in Friedrich den Alliierten gefunden, wäre Belgien bereits in den Händen der Franzosen und Holland der größten Gefahr ausgesetzt und es hätte sich die Lage wiederholt, die im Aachener Frieden England zwang, auf alle anderswo errungenen Vorteile zu verzichten. Wie würde, fragt er, England aussehen, wenn es beim nächsten Friedensschluß außer Menorca noch Belgien zurückkaufen müßte 4). Als Kaunitz dies schrieb, standen die Preußen vor Olmütz, dem letzten Hindernis vor der Donau. Karl III. trug Ludwig XV. seine Vermittlung an, die, soweit es sich um die Beendigung des Krieges mit England handelte, angenommen wurde. Gegen die Vermittlung mit Preußen wurde Kaunitz vorstellig, da „es um die Religion und das Churhaus Sachsen getan wäre, massen dieses sich nicht mehr erholen könne und in einer ewigen dependance von Preußen stehen würde“, falls Friedrich sich in seiner Macht erhielte 5). Noch bevor er sich in der b B. 8. April, 8. Mai 1759, Fasz. 3. 2) B. 28. Juli 1759. 3) B. 5. August. 4) W. 16. Mai 1758. 5) Kaunitz an Neipperg 8. Oktober 1759.

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