Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759. 387 Maria Theresia konnten Truppen nach Italien schicken. Von Spanien war nichts zu hoffen, denn England hatte 40.000 Mann in Canada stehen, die, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt hätten, sich gegen Mexico und Cuba wenden könnten, falls Spanien in Italien beschäftigt wäre 1). Karl ließ großsprecherisch die Franzosen wissen, er wolle 12.000 Schweizer werben. Man antwortete ihm aus Paris, daß die Werbungen wegen der französischen Verträge mit den Eidgenossen auf Schwierigkeiten stoßen würden 2). Kaum waren die Mobilisierungs­befehle ergangen, wurden sie widerrufen. Nur die aus Sizilien gelandeten Truppen mußten das Lager von San Germano beziehen, um die dort angehäuften Vorräte zu verbrauchen. Die Kaiserin ließ in Paris erklären, sie werde das Rückfallsrecht bis zum allgemeinen Friedensschluß ruhen lassen, Sardinien fügte sich, als Frankreich ein Äquivalent für Piacenza versprach. Ludwig XV. verhinderte den Ausbruch eines Kriegs in Italien, indem er, die Aspirationen seines Schwiegersohnes opfernd, die Erbfolge der Nachkommen Karls in Neapel anerkannte und seine Erklärungen von 1753 und 1756 aufrecht hielt 3). Tanucci war überzeugt, daß der König von Sardinien „der vollkommene Friedrich von Italien“ sei und sein Wort nur so lang halte, als sich keine günstige Gelegenheit, es zu brechen, biete 4). Die Briten suchten die Spanier zu bewegen, gemeinsam mit ihnen die Franzosen aus Menorca zu vertreiben und Neapel auf ihre Seite zu ziehen. Die Preußen erhielten in London dreißig Pässe für Armateure, die gegen Dänen und Livorneser ausfahren sollten. In den Neapler Berichten wird einmal ein preußischer Korsar erwähnt, welcher dem Namen des Kapitäns nach ein englischer gewesen zu sein scheint. Kapitän Thomas Marrifield bemächtigte sich einer toskanischen Polacca, wobei ein jüdischer Reisender durch einen Kanonenschuß getötet und ein Matrose verwundet wurde. Der Zweck der preußischen Korsarenpässe war, den Engländern zu ermöglichen, unter fremder Flagge Triester und Livorneser zu jagen, da weder die Kaiserin noch Toskana mit Großbritannien in erklärtem Krieg lagen. Die preußischen Pässe wurden in den Mittelmeerhäfen ausgefolgt. Die Livorner Kaufleute ließen sich das Prisengeschäft nicht entgehen und rüsteten unter anderm den „Mercurio“ aus, mit dem Captain Robert Franklin ein Triester Schiff kaperte. Der österreichische Segler wurde auf der Fahrt nach Genua bei der Insel Ponza nach Kriegsgut untersucht und dabei 200 Kanonenkugeln beanstandet, die für die eigenen sechs eisernen Schiffsgeschütze bestimmt waren. Die Engländer glaubten, daß die außergewöhnlich schön polierten Kugeln für französische Bronzekanonen bestimmt wären. Sie stammten aus dem Gußwerk Mariazell 5). Die zwei kleinen Schiffe, welche die Kriegsflotte Toskanas bildeten, bemächtigten sich eines preußischen Armateurs und einer von diesem gemachten Prise. Der Kommandant der toskanischen Flotte war ein Engländer, das preußische Kaperschiff stand unter dem Befehl eines englischen Kapitäns und die Prise selbst, welche die kaiserliche Flagge führte, gehörte einem Engländer. Auf dem preußischen Armateur wurden außer dem englischen Offizier zwei schwedische, ein holländischer und ein französischer Matrose verhaftet. Das einzig Preußische war der Paß 6). Im Frühjahr 1759 tauchte der preußische Kammerherr von Schellendorf in Neapel auf und befreundete sich mit Tanucci. Man vermutete, er habe die Aufgabe, den Hof, falls er eine Mediation übernehmen sollte, für Preußen günstig zu stimmen 7). In der Instruktion an Neipperg 8) wird der Nutzen des zu errichtenden Vertrages in der Aussicht auf den Anfall der beiden Sizilien an die künftige Gattin und Nachkommenschaft x) W. 25. März 1759, Fasz. 15, B. 8. April 1759, Fasz. 3. 2) Precis qui a été dicté au Comte de Staremberg par M. le Dúc de Choiseul le 20 Fevrier 1759. Beüage zu W. 13. November 1759. 3) B. 6., 20., 27. Februar, 6., 13. März 1759. 4) B. 2. April. 5) An Kaunitz B. 17. April, 6. Februar, 20. März, 3. Oktober 1759. 6) Mann an Walpole 17. November 1759; Doran, II, S. 44. 7) B. 6. März, 10. April, 31. Mai, 26. Juni, 28. Juli 1759. 8) B. 16. Dezember 1758, Fasz. 19.

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