Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

382 Benedikt, Während Friedrich von London finanziert wurde, suchte Maria Theresia mühsam nach Geldquellen. „The Empress is seeking money everywhere and at any interest“ x). In einer wieder geheimen Audienz versprach Karl, eine halbe Million Gulden zu borgen. Er stellte Stillschweigen zur Bedingung, für das drei Gründe maßgebend waren: die Besorgnis, Preußen könnte es erfahren und England mitteilen, wodurch die Küsten und die Schiffahrt gefährdet würden, dann der Wunsch, sich keinem Vorwurf von Spanien auszusetzen, das strenge Neutralität predige, und schließlich die Rücksicht auf Frankreich, das Karl monatliche Subsidien antrug, wenn er der französischen Schiffahrt Vorteile vor der englischen in seinen Häfen einräumte, was unter Berufung auf die Neutralität abgewiesen wurde. Die Beförderung des Geldes nach Wien konnte nicht unsichtbar bewerkstelligt werden. Tanucci und Firmian zerbrachen sich den Kopf, wie man den Transport durchführen sollte. Tanucci schlug vor, das Geld als Teil des Brautschatzes der ältesten Infantin zu bezeichnen, aber Firmian hielt diesen Ausweg für ungangbar, da die Verlobung geheim bleiben mußte. In Neapel erfuhr man, daß Maria Theresia auch in Turin Geld suchte und befürchtete, daß damit der Abschluß eines Bündnisses zusammenhinge. Firmian zerstreute diese Sorge, indem er darauf hinwies, daß der König von Sardinien als Reichsvasall verschiedener Gebiete und Reichsstand für Savoyen zur Hilfeleistung verpflichtet sei. Karl, Amalia und Tanucci hegten gegen Savoyen „Haß, Furcht und Eifersucht“. Der sardinische Gesandte Comte Roubion (sein Name wird immer in dieser französischen Form geschrieben) erkundigte sich, ob der Wiener Hof nicht auch in Neapel Geld suche. Karl ließ sich unter verschiedenen Vorwänden von Squillace, dem Vorsteher des Finanzwesens, 500.000 fl. bringen und hielt sie in seinen Zimmern bereit. Wien zögerte mit der Annahme: Bei unsern großen Kriegsausgaben sind 500.000 fl. nicht zu verachten und verdienen eine freund­schaftliche und dankbare Aufnahme, zugleich aber ist es bedenklich, dem neapolitanischen Hofe für eine bloße Geldsumme beständige Obligation zu haben und sich bei wesentlichen Handlungen dadurch in gewissem Maße die Hände zu binden. Um also eines mit dem andern zu vereinbaren, sind wir auf einen ganz natürlichen Ausweg verfallen: Nach den vorliegenden Umständen können wir nicht vermeiden, mit dem sächsischen Hofe einen Subsidienkontrakt zu errichten und diesem Hofe mit Geld beizustehen. Wir wollen ihm also die 500.000 fl., von denen die Rede ist, statt baren Geldes assignieren und so kann auch die Sache leicht geheim gehalten werden * 2). Darauf ging Karl nicht ein, da die Ausführung ohne Mitteilung an den Grafen Brühl nicht möglich wäre. Amalia glaubte Beweise dafür zu besitzen, daß dieser nichts vor Friedrich geheim halte. Noch im August lag das Geld in den Privatgemächern des Königs. Firmian warnte, daß ein längeres Zögern als Beleidigung angesehen würde. Erst nach langer Pause überreichte Firmian die Antwort der Kaiserin auf den Antrag eines Bündnisses. Er entschuldigte die Verzögerung mit dem letzten Wochenbett, den „Kinderblattern“ des Kronprinzen und den Vorbereitungen für den Feldzug, von welchem man die Befreiung des sächsischen Königshauses erhoffe. Maria Theresia hatte sechzehn Kinder und, wenn man die Entschuldigung des Wochenbettes und der Schafblattern hört, könnte man in Versuchung geraten, zu glauben, daß selbst im siebenjährigen Krieg ein glückliches Familienereignis oder eine Kinderkrankheit die Regierung auf Wochen stillegte. Das war natürlich nicht der Fall und der Hof von Neapel verstand sehr wohl, was es mit dieser Entschuldigung für ein Bewandtnis hatte. Wir wollten dem neapolitanischen Hof durch unser Stillschweigen einsehen machen, wie er sich in seinem Urteil irrt, wenn er bei uns ein zu großes Verlangen nach dem Abschluß vermutet3). q „Mann“ and Maimers of the Court of Florence, 1740—1785. Founded on the lettres of Horace Mann to Horace Walpole. By Dr. Doran. London 1876, I, 410 (18. Juni 1757). 2) W. 6. März 1757, Fasz. 15. 3) W. 13. November 1757.

Next

/
Thumbnails
Contents