Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759
Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759. 379 machen“, zurückstellen müßte. Für Maria Theresia erwartete man von dem Bündnis die Sicherheit der türkischen Grenze und als Folge einer gemeinsamen Orientpolitik die Schwächung der Russen, die eine starke Propaganda unter den Balkanchristen betrieben1). Der erste sachliche Vorschlag einer Schadloshaltung für das Rückfallsrecht in den Herzogtümern bestand in einem Verzicht Karls III. auf das mediceische Allod, zu dem neben urbinatischen und andern Gütern die unschätzbaren Florentiner Sammlungen gehörten 2). Der Anspruch Karls war unhaltbar, aber Tanucci hielt es für seine Pflicht, neue Argumente zu finden, um den angebotenen Verzicht in seinem Wert heraufzuschrauben. Zum Allod gehörten die Herzogtümer Castro und Ronciglione an der Grenze des Kirchenstaates. An ihrem Besitz war Tanucci besonders gelegen, da er hier ein Austauschobjekt gegen die päpstliche Enklave Benevent sah. Auch in Neapel lagen mediceische Güter. Man schätzte in Wien Tanuccis Beispiel folgend ihren Wert auf zwei Millionen Dukaten, obwohl sie nur einen Jahresertrag von 18.000 lieferten. Tanucci erreichte durch seine Bemühungen, den Verzicht auf das Allod durch eine übertriebene Bewertung schmackhaft zu machen, nichts anders als eine Verzögerung des Vertragsabschlusses und eine Verstimmung in Schönbrunn. Wien konnte in dem angebotenen Verzicht kein Äquivalent für die Aufgabe des Reversionsrechtes in den drei Herzogtümern sehen, da Ludwig XV. in einem Geheimartikel vom 28. August 1736 sich verpflichtet hatte, Philipp V., Elisabeth Farnese und ihre Söhne zum Verzicht auf das Allod zu verhalten: . . . qu’en quelque cas, sous quelque pretence et de la part de qui que ce soit, que sa dite Majesté Imperiale et le serenissime Duc de Lorraine pussent étre troublés ou inquietes dans la possession des dits allodiaux, eile prendra fait et cause pour leur defense et conversation entre les mains de S. M. I. et du Duc de Lorraine et qu’elle employera toutes les forces mérne par des armes pour le soutien et l’effectuation de la garantie 3). Auch der Verzicht auf das Farnesische Allod, auf welches Maria Theresia Anspruch besaß, war Gegenstand der Verhandlungen. Es bestand aus dem Palazzo Farnese und der „piccolo Palazzo“ genannten Villa Farnese sowie der Villa Madonna in Rom, dem Schloß Capretola, den Statuen und Gemälden, die Karl nach Neapel gebracht hatte, und aus Lehensgütern in Neapel. Das farnesische Allod war im Besitz der Königinwitwe von Spanien, Elisabeth Farnese, und fiel nach ihrem Tod an ihren erstgeborenen Sohn Karl, der entschlossen war, sich von den Schätzen nicht zu trennen. Der österreichische Anspruch auf die in Neapel liegenden Güter wurde gleich fallen gelassen, da Karl III. sich derselben Beweisgründe bediente wie der Vater der Kaiserin, als er sie als erledigte Lehen der neapolitanischen Kammer ein verleibte 4). Dies geschah nach dem Ableben des letzten Farnese, als Don Carlos sich weigerte, Ponza und die andern Güter als Vasall Karls VI. zu Lehen zu nehmen. Es war beiden Teilen klar, daß das einzige Äquivalent in den Plätzen an der toskanischen Küste bestand. Als Philipp II. das Fürstentum Siena, mit welchem ihn Karl V. belehnte, als Afterlehen an Cosmus von Medici übertrug, behielt er sich die toskanischen Präsidien vor und in dem Lehensbriefe, den Kaiser Rudolf II. in Prag am 21. Jänner 1604 an Philipp III. ausstellte, erklärte er ausdrücklich, daß bei der Afterbelehnung die Präsidien auszunehmen seien. Zu den toskanischen Präsidien auf dem Festlande gehörten Porto Ercole, Orbitello, Talamone, Monte Argentario und Porto Santo Stefano und auf Elba Porto Longone sowie ein zum Fürstentum Piombino zählendes Gebiet 5). b B. 27. April. 2) Über die Entstehung des Allods und die strittigen Erbansprüche Gustav Turba, Neues über lothringisches und habsburgisches Privateigentum, Wien 1925, S. 32 f. — Schipa, S. 192. 3) Appendix zur Instruktion 20. Oktober 1750 mit Beilage, Fasz. 19. — Specchio dei beni, rendite, crediti esistenti nel Regno di Napoli, Beilage zu Weisung 15. September 1756, Fasz. 15. 4) B. 28. Juni, 25. November 1756, 25. April 1757, W. 15. September 1756, Fasz. 2. — B. 25. November 1756, 25. April 1757, Fasz. 2. — Instruktion an Neipperg 16. Dezember 1758, Fasz. 19. 5) Über die Präsidien Benedikt H., Das Königreich Neapel unter Kaiser Karl VI. Wien 1927, S. 149.