Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759
378 Benedikt, sich und entfärbte sich über diese Zeitung.“ Sie sagte, Sachsen sei immer gut gefahren, wenn es mit Österreich verbündet war, und schlecht, wenn es abseits stand. Sie klagte, daß man in Dresden Polen vernachlässige. Das Gespräch glitt nach Italien. Wenn auch der Turiner Hof, gewohnt, beständig sich nach dem Winde zu richten, in dem letzten Krieg Euer Majestät beständig angehangen, so wisse sie nicht, ob Euer Majestät von diesem Bundesgenossen viel Nutzen gespürt, hingegen wisse sie, daß seine Freundschaft einen ansehnlichen Teil des Mailänder Staates gekostet habe. Spanisch-österreichische Ehen wären der bequemste, natürlichste und unschuldigste Weg, Frankreich und den von ihm abhängigen Höfen Einhalt zu gebieten. Die Königin klagte über die im Norden ausgeübte „unanständige und uneingeschränkte Tyrannei“ Rußlands und darüber, daß England in Westindien zu sehr beschäftigt sei, um sich um Europa zu kümmern, auch, daß Holland zuviel Kraft verloren, um noch unter die Mächte gezählt zu werden. Firmian nahm die Zarin in Schutz, versicherte, die Truppensammlungen an der Grenze hätten den einzigen Zweck, die Ruhe im Norden zu erhalten, und der Friede mit Schweden beweise, daß Rußland im ungehemmten Siegeslauf Mäßigkeit bewahre. Auf englische Hilfe dürfe man bauen, denn schon im letzten Krieg waren die amerikanischen Kolonien stark genug, ohne Hilfe des Mutterlandes den Franzosen Cap Breton zu entreißen 1). Im Februar 1755 eröffnete der Erzbischof von Brindisi De Ciocchis dem kaiserlichen Botschafter, Karl III. wolle die beiden Sizilien mit der Krone Spaniens vereinigen und, wenn dies nicht ginge, einem jüngern Sohne abtreten. Der Erzbischof läge dem König in den Ohren, sich an die Kaiserin und England zu halten, die ein Interesse hätten, den Herzog von Parma von Neapel fernzuhalten, das unter französischem Einfluß die Gefahr einer Landung im österreichischen Küstenlande und die Schädigung des Triester Handels heraufbeschwören würde. Ludwig XV. könnte, von seinem Schwiegersohn gedeckt, alle Kräfte in den Niederlanden und Deutschland einsetzen. Die Union Neapels mit Spanien sei unbedenklich, „indem jedermann weiß, mit welcher Nachlässigkeit und mit welchem geringen Nutzen Spanien seine entfernten Reiche beherrscht habe und beherrsche“. Karl brauche gegen Parma, hinter dem Frankreich stehe, den Beistand Englands und Österreichs, das durch die Doppelheirat gewonnen werden soll. Im April unterbreitete De Ciocchis diese Gedanken Benedikt XIV. und Cardinal-Staatssekretär Valenti, die keine Lust zeigten, dazu Stellung zu nehmen. Der Erzbischof klagte, daß das Geheimnis sogleich den Franzosen an der Kurie mitgeteilt wurde 2). Im April 1756 war der Hof von Neapel in Unruhe wegen Steuererhöhungen und Rüstungen in Piemont, Anlegung eines Vorrats von 90.000 Sack Mehl in der Grafschaft Nizza und Ankaufs von Kriegsmaterial in Bologna durch den Turiner Hof, „dessen Vergrößerungsbegierde seit 56 Jahren ganz Europa bekannt sein müsse“ und der sich zugleich England und Frankreich als Bundesgenosse anbot. Tanucci hoffte, die Kaiserin werde sich „durch des Turiner Hofes gewohnte süße Sprache nicht irre machen lassen“. Sie möge auf das Rückfallsrecht in Parma verzichten, wofür Karl ihr eine billige Entschädigung gewähren wolle. Gefahr sei im Verzug. Käme es zum Krieg, er würde, wer immer als Sieger hervorginge, zum Vorteil Sardiniens ausfallen. Karl III. war bereit, zur Verteidigung der österreichischen Staaten eine weit größere Anzahl von Truppen bereit zu halten, als man ihm ohne sein Wissen zu Aranjuez aufbürden wollte 3). Als die ersten Nachrichten von den österreichisch-französischen Verhandlungen, die zum Vertrag von Versailles vom 1. Mai 1756 führten und von denen man auch an andern Höfen bereits im März recht gute Kenntnis hatte, in Neapel eintrafen, war die erste Reaktion Karls III., sich zu freuen, weil nun Sardinien „seine weitgehenden Gedanken, sich nach und nach zum König von Italien zu x) B. 13. August, Fasz. 2. *) B. 25. Februar, 16. Mai 1755. 3) 13. April, 4. Mai 1756.