Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759
376 Benedikt, der zu Bayonne eine so klägliche Rolle vor Napoleon spielte, als Kind beschrieben. Ferdinand war ein normaler Knabe, ebenso Gabriel, dem zu Sylvester 1755 Anton und im Februar 1758 als sechster und letzter Infant Franz Xaver folgen sollten. Die Aia der Prinzen Marchesa di San Marco war eine Spanierin von Geburt. Die Königin schob die Ernennung eines Aio, der Spanier sein mußte, hinaus, weil sie nichts von der spanischen Erziehung hielt. 1755 kamen die älteren Infanten in die Obsorge von Männern und erhielten einen eigenen Hofstaat. Aio wurde der einstige Botschafter in Madrid Principe di S. Nicandro, Unter-Aio des Erbprinzen Don Philipp Marchese d’Isastia, ein Spanier, der mit den katholischen Kantonen den Vertrag über die von Neapel angeworbenen Regimenter schloß, Unter-Aio des Don Carlos der Oberst des wallonischen Regiments „Antwerpen“, der Belgier Dusmet. Ferdinand erhielt, mit sechs Jahren „aus dem Frauenzimmer“ genommen, einen eigenen Hofstaatx). Maria Josepha war „von Gestalt keineswegs unangenehm, jedoch auch keine Schönheit“. Der König sagte von ihr, sie könne das spanische so wenig wie Maria Luisa * 2) das sächsische Blut verleugnen. Das zehn- und das neunjährige Mädchen wurden mit Strenge erzogen, mußten entweder beten oder sich mit „einer ihrer hohen Geburt anständigen Handarbeit“ beschäftigen. Sie lernten Sprachen, Geschichte und Geographie „so gut, als es an einem spanischen Hof gewöhnlich“. Sie waren einfach, „jedoch der Königin gleich nach dem besten Geschmack und sehr rein gekleidet“. Sie zitterten vor der Mutter, die ihre Erziehung in die Hand nahm. Als der Hof mit den österreichischen Ehen zu rechnen begann, wurde ein Jesuit aus Prag berufen, der, zum nicht geringen Ärger der französischen Partei, die Kinder „in der teutschen Sprach und untern Schulen“ unterrichtete. Firmian wohnte einmal dem Unterricht bei. Don Carlos wurde aus der biblischen Geschichte geprüft, las französisch, italienisch und spanisch und übersetzte aus dem Deutschen, das er „mit großer Behändigkeit“ lernte und dessen gute Aussprache er dem böhmischen Jesuiten verdankte, ins Italienische. Zum Schluß erklärte er mit großer Lebhaftigkeit einige Landkarten. Die Infantinnen, deren Fortschritte im Deutschen betont werden, gaben dem Botschafter Schriftproben. „Io vorrei essere cosi avanzata nelli studii come l’Archiduchessa d’Austria. Maria Giuseppe.“ „In me trovera niente da lodare il Conte Firmian. Maria Luisa.“ Der Botschafter fragte Don Carlos, was er werden wolle. Er antwortete, er wolle Krieg führen und für Euer Majestät Länder erobern und deutete mit den Fingern auf die vor ihm liegende Landkarte Schlesiens, welches ich darum berichte, damit Euer Majestät ersehen können, daß er zu dieser Schule von höheren Orten unterrichtet worden 3). Im Juli 1754 wurde dem Königspaar eine dritte Tochter geboren, die im nächsten Jahr starb. An ihre Namen Maria Anna Amalia schloß sich als weiterer Johanna Nepomucena. Der böhmische Heilige, der seit der kaiserlichen Herrschaft die Brücke von Capua beschützte, wurde damit in das sizilianische Königshaus aufgenommen. Als Karl III. die Patenschaft für Ferdinand Karl, den vierten Sohn des Kaiserpaares übernahm und Taufgeschenke schickte, richtete die Königin an Firmian, der den Dank der Eltern überbrachte, einige deutsche Worte, worüber d’Aussun „sein unartiges Mißfallen nicht zu verhehlen wußte“. Die Patenschaft war ein bedenkliches Zeichen für die Annäherung der beiden Häuser und das Gerücht einer Doppelheirat, das in der Stadt umging, trübte noch mehr die Stimmung des französischen Botschafters. Der König wurde bei der Taufe durch den Prinzen von Sachsen- Hildburghausen vertreten 4). *) B. 3. September 1754, 29. Juli 1755, 6. Jänner 1756, 29. März 1757. 2) Maria Luisa wurde 1764 mit dem nachmaligen Kaiser Leopold II. vermählt, dem sie 16 Kinder schenkte, von denen 14 die Eltern überlebten. Sie ist die Urgroßmutter des Kaisers Franz Joseph. 3) B. 3. September, 23. November 1754, 10. Juni 1755, 25. November 1756. 4) B. 26. Juni, 9. Juli, 8. Dezember 1754, 13. Mai 1755. — Benito Fuentes Isla, Epistolarió de la Emperatriz Maria Teresa de Austria en el Archivo Histórico Nációnál de Madrid in dieser Festschrift, Bd. I, S. 726 ff.