Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759. 373 Feindschaft. Das Verhältnis besserte sich mit der Annäherung der Neapler Politik an Wien, die nicht zuletzt Fogliani zu verdanken war. Den Anstoß gab der Freundschaftstraktat von Aranjuez vom 14. Juni 1752 zwischen Spanien, Österreich und Sardinien, der die wechselseitige Garantie des Aachener Friedens beinhaltete und Spanien und Sardinien verpflichtete, der Kaiserin mit je 6000 Mann beizustehen, wenn sie in Italien angegriffen würde *)• Toskana, Parma und Neapel wurden zum Beitritt aufgefordert. Toskana und Parma Unterzeichneten, Karl hielt sich mit Rücksicht auf die Erbfolge fern, begrüßte jedoch den Vertrag und sagte zum spanischen Botschafter: Mein Bruder der König hat sich beeilt, zum Ende zu schreiten, damit die verfluchten Franzosen nicht wieder etwas dazwischen machen: denn wo noch einiges Vorhaben zum Besten unseres spanischen Hauses auf der Bahn gewesen, hat es allezeit durch die Teufelsfranzosen wieder über den Haufen geworfen und zernichtet werden müssen * 2). Die französische Partei hielt den König vom Aranjuezer Vertrag ab, der sich gegen Frankreich als den einzig in Betracht kommenden Ruhestörer richtete 3). Dagegen bemühte sich Marquis d’Aussun vergebens, Karl zu bewegen, dem Frieden von Aachen beizutreten. Als er einmal auf der Jagd dem König nahelegte, ohne auf den Tod Ferdinands VI. zu warten, nach Spanien zu gehen und Neapel dem Herzog von Parma zu überlassen, verbot ihm Karl, über diesen Gegenstand zu sprechen. D’Aussuns Gegenspieler waren der andere Familienminister Clementi, der Exponent der Carvajalschen Politik, und der britische Gesandte Sir John Gray. Sie hielten ein wachsames Auge auf den Franzosen und teilten Firmian vertraulich mit, was sie über die Versailler Diplomatie erfuhren 4). Karl sah den Erzfeind in Sardinien, dessen Reversionsrecht in Piacenza die Gefahr eines Krieges herauf­zubeschwören drohte. Auch noch so politische Fürstenheiraten waren eine persönliche Angelegenheit und deshalb wünschte die Kaiserin ein nicht retouchiertes Bild der Familie, mit der sie sich ver­binden sollte, zu sehen. Ihro Majestät der König beider Sizilien scheint mir von Gott und der Natur treffliche Gemütsgaben erhalten zu haben, welche aber durch eine schlechte Erziehung haben wollen unterdrückt sein. Die Vortrefflichkeit seiner Eigenschaften hat jedoch das Hindernis der schlechten Erziehung überwunden. Der König ist von Natur zur Schärfe sehr geneigt. Die Erziehung hat diese Schärfe zur Härte gemacht, aber die Überlegung hat dem König eine genaue Kenntnis und Liebe zur Gerechtigkeit beigebracht, ein Lob, das ihm auch von jenen beigelegt wird, die mit seiner Regierung nicht zufrieden sind. Hat er einmal nach gepflogener Überlegung eine Meinung gefaßt, so ist er von ihr weder durch Vorstellungen noch durch Bitten, auch nicht durch Belehrung oder eigene bessere Erkenntnis abzubringen. Diesem Übel steuert er dadurch, daß er mit harter Mühe einen Entschluß faßt. Um die Liebe des gemeinen Volks an sich zu ziehen, hat er allen großen Vasallen die hohe Gerichts­barkeit weggenommen, deren sie sich, wie vernünftige Leute sagen, zur Unterdrückung ihrer Untertanen gebraucht. Hauptsächlich besitzt der König im höchsten Grad die Kunst, seine Denkart auch den Aller- vertrautesten zu verbergen, indem er angenehme und unangenehme Nachrichten mit seiner angewohnten lächelnden Art empfängt, wohingegen die Königin auch nicht im mindesten sich zu verbergen weiß und bei jedem geringsten Vorfall ihre angeborene Lebhaftigkeit äußert. Der König, heißt es weiter, widmet täglich vier Stunden den Regierungsgeschäften. Seine Hauptsorge dient dem Heerwesen und dem Handel. Er sieht in den beiden Sizilien die Eroberung seiner Waffen und hält sich an die Verträge seiner Vorgänger für nicht gebunden. Um den Schatz zu vermehren, will er die seit der aragonischen Herrschaft veräußerten Krongüter und Gefälle wieder erlangen und läßt die Akten ihrer Entfremdung untersuchen. Er hat alle Salzgefälle ohne Entschädigung eingezogen, wobei er sich darauf b Die Verhandlungen wurden für die Kaiserin von dem Gesandten in Madrid Grafen Nikolaus Esterhazy, nicht vom Fürsten Anton (Schipa S. 500) geführt. 2) Esterhazy an Ulfeld 30. November 1752, Fasz. 1. 3) Bericht (in der Folge mit B. abgekürzt) 19. September 1752. 4) B. 19, 28. März 1754, Fasz. 2.

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