Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759. 371 1718, die in Sizilien gelandeten Spanier zu besiegen und den Austausch Sardiniens gegen Sizilien zu ermöglichen. Don Carlos verdankte der britischen Neutralität seine Krone und das bloße Erscheinen der Eskader des Kapitäns Martin genügte, ihm in Erinnerung zu bringen, daß sein Thron von London abhing. Die Einsicht, daß die Küsten seines Reichs wehrlos der britischen Seemacht ausgesetzt waren, drängte das bourbonische Familieninteresse zurück und zur Annäherung an die mit England verbündete Kaisermacht. Das Einschwenken des dritten Bourbonenhofes in eine österreichfreundliche Politik fand bereits vor dem ,,reversement des alliances“ statt. Michelangelo Schipa x), der klassische Geschichtsschreiber Neapels dieser Zeit sieht in dem feierlichen Einzug des ersten kaiserlichen Botschafters den Beginn der bis zum Ende der Neapler Dynastie währenden Freundschaft mit Wien. Der Einzug fiel in den historischen Augenblick dieser Wendung, ohne daß Esterhazy dazu beitrug. Der König reichte, ohne daß sein erster Minister Fogliani und Esterhazy es wußten, durch den Botschafter am Wiener Hofe Principe die Camporeale Maria Theresia die Hand. Die beiden Reiche sollten durch das Mittel, das in einem monarchischen Zeitalter, welches seine Kriege mit dem Privatrecht entlehnten Erbbegriffen begründete, als das geeignetste schien, durch Heiraten verbunden werden. In den „kündbarer massen hinterrücks Unser geschlossenen“ * 2) Friedenspräliminarien von Aachen wurden Parma, Piacenza und Guastalla an Don Philipp abgetreten. Nach dem siebenten Artikel stand der Kaiserin das Rückfallsrecht von Parma, Guastalla und einem Teil von Piacenza zu und dem König von Sardinien das Rückfallsrecht auf die Stadt und das restliche Gebiet des Herzogtums Piacenza, für den Fall, daß Don Philipp ohne Nach­kommen stürbe oder den Thron Neapels bestiege, sobald Karl III. nach dem Tode ihres kinderlosen Bruders in Spanien gekrönt werde. Der Fall, das Karl Neapel seiner eigenen Descendenz überlasse, war nicht vorgesehen. Eine dem Utrechter Frieden widerlaufende Wiedervereinigung Neapels mit Spanien kam bei dem zu erwartenden Widerstand der Seemächte nicht in Betracht, wohl aber das Verbleiben des süditalienischen Königreichs bei der Deszendenz Karls, die in so raschem Zuwachs, als es die Natur gestattet, begriffen war. Karl VI. hatte im Wiener Frieden vom 18. November 1738 die beiden Sizilien an Don Carlos mit dem Recht der Nachfolge, auch der weiblichen Nachkommen, abgetreten. Solange sich der König von Neapel weigerte, dem Aachener Frieden beizutreten, war für seine Beziehung zu Wien nur die Zessionsurkunde maßgebend 3). Der Hof von Neapel trat durch den Wiener Nuntius mit dem Vorschlag eines Gesandten­austausches heran 4). Karl III. schickte Pietro Bologna - Reggio Principe di Camporeale nach Wien, die Kaiserin den Fürsten Paul Anton Esterhazy von Galantha 5), den Franz I. auch mit der Vertretung des Reichs betraute, nach Neapel. Der Friede von Aachen wurde nur als Waffenpause zwischen England und Frankreich angesehen, und die Augen Maria Theresias blieben weiter auf Schlesien gerichtet. Sie wünschte die Erhaltung des Friedens in Italien, damit „Wir wenigstens auf einer Seite in vollkommener Sicherheit gesetzt werden möchten“ 6). Unleugbar ist, daß die minder mächtigen Höfe nicht aus Neigung für Unser Erzhaus oder das Haus Bourbon, sondern, um nach den Umständen, wie es mehreren aus ihnen gelungen ist, bald von dem einen und bald von dem andern Nutzen zu ziehen, sich zu vergrößern, Schelsucht und Mißtrauen zwischen ihnen zu unterhalten, beständig bemüht sind; und daß, sofern man sich gegen derlei Fallstricke verwahrt, b Schipa M., II regno di Napoli al tempo di Carlo di Borbone. Napoli 1904. 2) Instruktion 30. September 1750. 3) Esterhazy an Ulfeld 24. Juni 1751; Fasz. 1 — Postscriptum 30. September 1750; Fasz. 15 — Instruktion für Firmian 6. November 1753, Fasz. 19 mit dem Auftrag „auf jede Uneinigkeit zwischen den Brüdern aufmerksam Acht zu tragen“. 4) Schreiben der Nuntien in Neapel und Wien 30. September 1749, bzw. 4. März 1750 und Billett Colloredos an den Wiener Nuntius, Februar 1750. 5) Wurzbach, IV, S. 104. 6) Instruktion 6. November 1753.

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