Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

VII. Allgemeine und österreichische Geschichte. - 71. Heinrich Benedikt (Wien): Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759

370 Der österreichische Staatsvertrag mit Neapel von 1759. Von Heinrich Benedikt (Wien). Der zu Neapel am 3. Oktober 1759 zwischen Maria Theresia und Karl III. geschlossene Vertrag x), mit welchem einige malaria verseuchte Plätze an der toskanischen Küste den Besitzer wechselten, ist durch seine Geschichte bemerkenswerter als durch seinen Inhalt. Im Aachener Frieden wurde der Grund, der zum „Krieg ums Jenkins Ohr“ (der in den um die österreichische Erbfolge überging) führte, nämlich der Anspruch Spaniens auf Durch­suchung englischer Schiffe in westindischen Gewässern, mit Stillschweigen übergangen. Auch der Abschluß anderer Staatsverträge ist dadurch erleichtert worden, daß man unüber­brückbare Gegensätze unerwähnt ließ. So sind in dem Vertrag zwischen Maria Theresia und Karl von Bourbon die Beweggründe, welche die sieben Jahre währenden Verhandlungen leiteten, nicht sichtbar. Die Verhandlungen erhalten durch diese Beweggründe ihre Bedeutung, sie bieten in kleinem Rahmen ein Bild der Politik der Mächte vor dem Ausbruch und in den ersten Jahren des Siebenjährigen Krieges, beleuchten die Bedeutung Italiens in der großen politischen Kombination und gewähren einen Einblick in die Zustände am Hofe von Neapel. Das Königreich beider Sizilien fiel in dem Kriege um das Erbe des letzten spanischen Habsburgers an Karl VI. und der letzte männliche Nachkomme der österreichischen Linie und des Gesamthauses verlor es an Don Carlos, Sohn Philipps V. und der Elisabeth Farnese. Mit Don Carlos, der sich als Nachfolger des letzten spanischen Habsburgers Karl III. nannte, gewann Süditalien seine zu Beginn der Neuzeit verlorene Unabhängigkeit zurück, die allerdings, solange Philipp V. lebte, durch die väterliche Gewalt eingeschränkt war. Im österreichischen Erbfolgekriege schickte Karl III., ohne als selbständiger Bundes­genosse und Kriegführender zu gelten, seinem Bruder Don Philipp Kriegsgerät auf Schiffen, die den Engländern in die Hände fielen, und ein Truppenkontingent, das abberufen wurde, als im August 1742 Kapitän Martin mit neun Schiffen vor Neapel erschien und den König zur Erklärung zwang, den Spaniern keine Hilfe mehr angedeihen zu lassen. Aber 1744 nahm der König die zurückweichenden Spanier auf und Duca die Castropignano schlug die Österreicher, die durch vorzeitige Plünderung den Sieg aus der Hand gaben, bei Velletri. Zwei Jahre später beendete der Sieg der Kaiserlichen bei Piacenza, soweit Neapel in Betracht kam, den Krieg. Drei Wochen nach Piacenza starb Philipp V. und mit diesem Ereignis begann die volle Unabhängigkeit Karls III., der die Teilnahme am Krieg mit der Sohnespflicht begründet hatte. Dies entbitterte nicht die Gefühle Maria Theresias, genügte aber dem Hofe von Saint James. Fast ganz Europa hat sich wieder der geleisteten stärksten Gewährungen wider Uns und Unser Erzhaus vereinbart und obgleich der König beider Sizilien den Worten nach daran keinen Teil genommen und anmit den Endzweck erreicht hat, von England gänzlich verschont und nicht wenig begünstigt zu werden, so hat er es doch im Werk selbst mehr denn zu viel getan * 2). Das kaiserliche Heer konnte sich 1707 dank der Beherrschung des Mittelmeeres durch die englische Flotte Neapels bemächtigen. Nur dank der britischen Seemacht gelang es b Bittner L., Chronologisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge, I (1903), Nr. 1106. — Wenck F. A. G., Codex iuris gentium recentissimi, III (Lipsiae, 1795), 206 ss. 2) Instruktion an Esterhazy 30. September 1750. Berichte der österreichischen Gesandtschaft in Neapel, Fasz. 19, Staatsarchiv.

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