Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
VI. Kirchengeschichte - 64. Friedrich Engel-Jánosi (Washington): Zwei Studien zur Geschichte des österreichischen Vetorechtes
Zwei Studien zur Geschichte des österreichischen Vetorechtes. 287 Mönch, sondern dazu Kapuziner und überdies ein Proletarier. Aussichten für ein Pontifikat habe Micara nicht; doch er wird jedem Papst zu schaffen geben. GiustinianiJ) hat das Veto Spaniens im letzten Konklave erhalten; er besitzt nicht die Maße eines wahren Aspiranten, und vollends nach diesem Ereignis kann seine Karriere als beendet betrachtet werden; aber er wird alle die Auszeichnungen genießen, die der Papst und die Kardinale niemals dem versagen, der durch das Veto einer Macht von der Wahl ausgeschlossen wurde. Oppizzoni ist bei Lützow wegen seiner Reformtätigkeit in den Legationen nach der Revolution von 1831 übel angeschrieben; er steht im Verdacht, gründlich liberal zu sein. Im Konklave von 1830/31 war er anfangs ein begünstigter Kandidat gewesen und schon damals scheint Österreich gegen ihn gesprochen zu haben 2). Die Sympathien des österreichischen Botschafters — und er nimmt an, daß er hierin sich mit dem Fürsten Metternich in Übereinstimmung befindet — sind dem hochkonservativen Staatssekretär des verstorbenen Papstes, Lambruschini, zugewendet; aber — fügt der Bericht hinzu — ein Kardinalstaatssekretär hat sich immer viele Feinde und Neider zugezogen und man weiß, daß diese Feststellung für Lambruschinis Vorgänger und Nachfolger zutraf: Consalvi, Antonelli, Rampolla. Lützow versäumt nicht darauf hinzuweisen, wieviel Verständnis Lambruschini stets für den Standpunkt Österreichs bewiesen habe, und doch habe er sich auch nicht der Macht der gegebenen Tatsachen verschlossen, z. B. anläßlich der Julirevolution in Frankreich. Freilich, der Kardinal ist Genuese und diese haben immer eine verdächtige Schwäche für ihre Landsleute und überdies — niemals werden die Römer einen solchen als einen der ihrigen anerkennen; für sie wird er immer straniero bleiben, als der in dieser Stadt jeder gilt, der außerhalb der Grenzen des Kirchenstaates geboren ist3). Der Botschafter glaubt nicht, daß Lambruschini viele Chancen hat, im Konklave durchzudringen. Nur Günstiges — was natürlich auch eine österreichfreundliche Haltung einschloß — wußte der Botschafter über den Apostolischen Legaten in Bologna, Spinola, zu berichten; doch fehlen irgendwelche markante Züge. Das Kolleg zählte damals auch einen in ganz Europa berühmten Gelehrten zu den seinen: Angelo Mai, der ganz zurückgezogen seinen Forschungen und Studien lebte; nichtsdestoweniger — oder vielleicht: deshalb wurde sein Name öfters als der eines in Betracht kommenden Kandidaten genannt. Einer ähnlichen Berühmtheit erfreute sich Mezzofanti, der 42 Sprachen beherrschte; auch ihm in seiner großen Bescheidenheit war jeglicher Ehrgeiz fremd. Nur wenig Worte widmete Lützow in diesem Tableau einer markanten und von ihm früher aufmerksam beobachteten Gestalt, dem Vorgänger Lambruschinis im Staatssekretariat: Bernetti. „Die Prinzipien und die Ansichten Bernettis“, schrieb der Botschafter nach Wien, „sind die gleichen geblieben, die Sie an ihm gekannt hatten, als er an der Spitze der päpstlichen Regierung (bis Jänner 1836) stand.“ Damals hatte er dem Kardinal Irreligiosität vorgeworfen, daß er nicht die Weihen empfangen (tatsächlich war Bernetti, sowie übrigens auch Consalvi und Antonelli, lediglich Diakon), daß dessen Umgebung schlecht und eigennützig sei; mit einem Worte alles, was man von dem Vertreter einer politisch unangenehmen Richtung sagen mochte. Prokesch, der 1831 mit dem Staatssekretär zu verhandeln hatte, beschrieb ihn als einen französischen Marquis, heiter gefällig, oberflächlich, leichtsinnig, angenehm, eingebildet. „Er schien mir die Bedürfnisse und q Ebenda, I, 514. 2) A. a. O., I, 513. 3) Als Lambruschini im Jänner 1836 das Amt des Staatssekretärs als Nachfolger Bernettis antrat, berichtete Lützow: „J’aime ä erőire que sa qualité de Génois ne le contrariera point dans l’exécution de ses devoirs: jadis moine, aujourd’hui cardinal, il appartient au St. Siege et & Rome, et on reconnait dans Genes que la ville qui l’a vu naitre“. Bericht Rom, 23. Jänner 1836, Nr. 5 A.