Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 5. Karl Lechner (Wien): Das Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz, seine Geschichte und seine Bestände, nebst Regesten

Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz. 85 daran ist kurz die erste Gründung des Klosters durch die „domina Himeldrudis venerabilis matrona“ und die zweite Gründung durch Graf Ekbert I. sowie die Berufung des ersten Abtes Berenger eingetragen — ein Auszug aus der ersten Tradition im Formbacher Traditionscodex1). Daß diese Gründung „unacum sanguineis suis ducibus, marchionibus et comitibus“ geschah, steht dort aber nicht und ebensowenig die daran anschließende Liste von Markgrafen und Grafen, die alle irgendwie zur Formbacher Sippe gehören oder mit ihnen verschwägert sind; an ihrer Spitze ein „Meinhardus marchio“. Darunter stehen auch „Liupoldus marchio“ und ,,Adalbertus marchio“, die Babenberger, Vater und Sohn (gestorben 1136, 1138). Daß in der Liste auch Fehler unterlaufen sind, ergibt sich z. B. aus dem „Haydenricus marchio“, dem „Pilgrimus comes de Purkchhawsen“ und dem „Wolfgangus comes de Windwerg“. Als Abschluß endlich folgt zu ,,Ao. Dni 1159“, mit einigen Zusätzen, die im oberösterreichischen Urkundenbuch I, S. 778, ,,aus einem Copialbuch des 15. Jahrhunderts im kgl. bayrischen Reichsarchiv“ wiedergegebene, allerdings zu 1160 gesetzte Nachricht über den Tod Graf Ekberts III. vor Mailand und seine Beisetzung in Formbach (,,huc“!), wo schon sein gleich­namiger Vater und Großvater sowie ein „sororius Perchtold“ ruhen 2). Und anschließend daran — gleichfalls wie an der letzterwähnten Stelle, a. a. O. — die Nachricht vom Tode und Begräbnis Friedrichs, des Vaters der Hedwig, der Mutter König Lothars 3). Auf der letzten Seite des Buches steht in Humanistenschrift der Satz „Maius ab immenso nil unquam venit olympo aeterni vero cognitione dei“. Besondere Erwähnung verdienen noch die Malereien, die sich in diesem Buche finden. Auf der vorderen Seite des Deckels ist — zweifellos gleichzeitig mit der Anlage des Ur- bars — über die ganze Seite ein Wappen gemalt, das auf blauem Hintergrund einen weißen Schild zeigt, darin ein roter Greif, der einen weißen Hasen in den Fängen hält, darüber die Worte „Signum fundatoris comitis Ekkeberti“. Es ist bekanntlich später das Wappen der Abtei Formbach, das 1414 zum erstenmal als solches nachgewiesen ist4). Urkundlich freilich ist ein Wappen für die Grafen von Formbach nicht überliefert. Doch spricht die spätere Überlieferung für die Richtigkeit dieser Darstellung. So die Wappen an den Stifter­grabdenkmälern in der ehemaligen Stiftskirche von Vornbach (BA. Passau) aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts5); vor allem aber, daß wir den Greif für eine Reihe von ehemaligen Gefolgsleuten der Grafen von Formbach-Pütten-Ratelnberg erschließen können. Sie ist hier also neuerlich für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts nachgewiesen! Auf der Innen­seite des Rückendeckels unserer Handschrift aber ist als Dreieckschild im gelben Feld eine blaue Glocke gemalt; dabei die Worte „Signum domus in Gloknicz“. Wie oben gesagt, finden wir in unserem Material zum erstenmal die Glocke — also ein mißverstandenes „redendes Wappen“ für den Ortsnamen Gloggnitz, der bekanntlich slawischen Ursprunges ist und „glucksender Bach“ bedeutet6) — im Jahre 1353. Später (ab 1497) führen die Äbte b OÖUB. I, S. 625 f. 2) Es handelt sich um Graf Berthold I. von Andechs, der in erster Ehe mit Sophie, der Tochter Markgraf Poppos von Istrien, in zweiter Ehe mit Kimigunde, der Schwester Graf Ekberts III. von Formbach, Pütten, verheiratet (vgl. Düngern, Genealogisches Handbuch zur bairisch-österreichischen Geschichte I, S. 21). Die Bezeichnung als Markgraf von Istrien und Herzog von Dalmatien kann sich natürlich erst auf den Sohn aus dieser Ehe, Berthold II., beziehen. 3) Das diesen Satz einleitende „Item“ darf nicht auf das Jahr 1159, sondern auf die Beisetzung in Formbach bezogen werden. Diesem Irrtum scheint schon Chr. L. Scheid, Origines Guelficae, Hann. 1750—1780, III, 4, unterlegen zu sein, der „aus einem Formbacher Traditionscodex“ das Todesjahr 1059 entnommen haben will; es hätte müssen „1159“ heißen, darf aber, wie gesagt, nicht auf das Todesjahr Friedrichs bezogen werden. 4) Vgl. E. Zimmermann, Bayrische Klosterheraldik, München 1930, S. 164 f. In dem hier besprochenen Gloggnitzer Urkundenmaterial tritt dieses Siegel zuerst unter Abt Dietrich im Jahre 1439 auf (Urkunde Nr. 123). Vorher ist nur die thronende Muttergottes mit dem Kind als Wappen nachweisbar (zuerst als Abt-, dann als Konventsiegel). 5) Die Kunstdenkmäler von Bayern, Niederbayern, IV. Bd. (BA. Passau), S. 255 ff. *) W. Steinhäuser in „Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich“ 1932, S. 15.

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