Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
IV. Quellen und Quellenkunde - 42. Karl Eder (Graz): Bernhard Raupach (16821745). Ein Beitrag zur Historiographie der österreichischen Reformationsgeschichtc
724 Eder, 6. Gründlich wie immer und voll Wißbegierde, wie es eigentlich gewesen, hatte Raupach neben der Herausgabe seines „Evangelischen Österreich“ auch die Vorstudien für ein „Evangelisches Innerösterreich“ betrieben. Über die benützten Behelfe wissen wir nur aus der Biographie des Georg Raupach1). Er verzeichnet an gedruckter Literatur: Khevenhüllers Annalen, Acad. Jesuit. Graecensis historia Ducum Styriae, P. Hansitzii Germania sacra (tom. 2, pag. 676—744), P. Agricolae Hist, societ. Jesu Germaniae superioris, Hieronymi Megiseri annales Carinthiae (Lipsiae 1612), Baronis a Valvasor Topographia Carinthiae, desselben „Ehre des Erzherzogtums Grain“, D. Dav. Rungii Bericht von der Päbstischen Verfolgung d. heil. Evangelii in Steyermarck, Cärndten und Crain, Jacobi, Probsten zu Stayntz, Gegenbericht auf den falschen Bericht Rungii, Amandi Hanaueri Historia persecutionis Graecensis, Deduction-Schrift der Böhmischen Stände contra Ferdinandum II in appendice, D. Jer. Hombergeri Wolgemut, in dedicatione praemissa, ejusdem Varia scripta, Verbesserter Catechismus Lutheri, a Jesuitis Graecensibus editus, Litterae annuae societatis Jesu, Jac. de Laderchio Continuatio Annalium Baronii, D. Gerlachii Türkisches Tagebuch, D. Fechtii Epistolae ad Marbachios scriptae, D. Chytraei Epistolorum volumen, Schützii Commentarium de vita Chytraei, Tentzels Monatl. Unterredungen in recensione Bar. Valvasors, Mart. Zeileri Topographia Styriae, D. Polyc. Lyseri Sylloge Epistolarum, ejusdem Officium pietatis contra Arnoldum. An Mss. verzeichnet Georg Raupach folgende: Mss. Löscheriana, tribus Voluminibus, Ms. Lerchianum, Mss. Riegeriana, Mss. Ratisbonensia (Vol. 1), Ms. Paul Wienners Schrift in causa Fidei der Königl. Regierung übergeben, Mss. Epistolae Lyserianae, Ms. Anonymi discursus de Aug. Confessionis incremento atque decremento in Austriacis provinciis, Styria, Carinthia et Carniola, Mss. Miscellanea hinc inde collecta. Wie sehr Raupachs „Evangelisches Österreich“ und sein Fragment über das „Evangelische Innerösterreich“ allmählich ein Begriff wurden, zeigt am besten Waldaus Reformationsgeschichte. Im Jahre 1784, schon im Zeitalter der vollentwickelten Aufklärung, gab Georg Ernst Waldau, Hofspitalprediger zu Nürnberg, eine „Geschichte der Protestanten in Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain vom Jahre 1520 bis auf die neueste Zeit“ heraus. Das zweibändige Werk war nichts als ein Auszug aus Raupach mit einer kurzen Fortsetzung von 1736—1783. Die Vorrede schrieb Johann Georg Fock, Superintendent und Pastor der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Wien. Das Buch erschien in Ansbach. Waldau erhielt Material von Superintendent Fock in Wien und von M. Thielisch in Scharden. Im allgemeinen folgt er Raupach, auch in dessen Irrtümern. So behaupteter unter Verweis auf Raupachs ersten Band S. 195—197 (Religions-Konzession), daß die sieben landesfürstlichen Städte des Landes ob der Enns die freie Religionsübung erhalten hätten. Dagegen erklärt er den Brief Ferdinands an Luther von 1537, mit dessen Echtheit sich Raupach beschäftigte 2), eindeutig für falsch und unterschoben. 7. Als Gesamterscheinung steht Raupach in vorteilhaftem Lichte vor der Nachwelt. Sein historisches Lebenswerk entsprang nicht nur einer idealen Gesinnung, sondern erweist ihn auch als tüchtigen Fachmann. Die Vorzüge überwiegen beiweiten die Unvollkommenheiten und die Mängel. Sein geistiger Standort ist theologisch zwischen Orthodoxie und Voraufklärung, historisch im Individualismus zwischen dem untergegangenen Universalismus und dem noch in weiter Ferne liegenden Massendenken zu suchen. So wurzelt seine Vorliebe q A. a. O., S. 29 f. 2) Raupach bringt den Text lateinisch und deutsch nebeneinandergestellt, 1. Bd., Beilagen S. 3—7, u. zw. aus Goldast, Tomus III Constitutionum Imperialium, föl. 561, bzw. aus dessen Reichssatzungen, Erster Teil, fol. 274. Beim ersten Jubelfeste der AC 1630 hielt der Freiberger Konrektor Andreas Mollerus eine Rede, die er im folgenden Jahre herausgab. Er brachte dabei den Brief Ferdinands in einer dritten Fassung. Raupach gibt diese mit der kritischen Bemerkung wieder: „Damit man die Editiones dieses Briefes beisammen habe, so will noch eine dritte hinzufügen, von welcher man gewiß versichert sein kann, daß weder Ferdinandus noch Lutherus dieselbe mit Augen gesehen hat.“ A. a. O., S. 7.