Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
I. Archiv-Wissenschaften - 5. Karl Lechner (Wien): Das Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz, seine Geschichte und seine Bestände, nebst Regesten
56 Lechner, einen Propst nenne („so sich ein Propst nennt, aber keiner ist“) *). Für die Auffassung von Formbach setzten sich auch der Herzog von Bayern und der Bischof von Passau ein, worauf Kaiser Maximilian nachgab, nicht ohne daß die Frage neuerlich wieder aufflammte. Am Ende des 17. Jahrhunderts finden wir vielfach den Ausdruck ,,'Vicar der Propstei Gloggnitz“, im 18. Jahrhundert „Propstei ver waiter und Pfarrvicar“. Wenngleich die österreichische Regierung beim Titel „Administrator“ oder „Verwalter“ blieb, so nennen diese sich selbst immer „Pröpste“ und treten auch als Grundobrigkeit auf. Auch gegenüber der geistlichen Behörde, dem Offizial von Passau, nahmen die Pröpste, die gewöhnlich und in späterer Zeit ausnahmslos auch Pfarrer von Gloggnitz waren, die gleichen Immunitätsrechte in Anspruch. Zweifellos hat Gloggnitz, wenigstens zeitweise, auch kirchenrechtlich eine besondere Stellung eingenommen, die über ein sogenanntes „Urbaramt“ des Klosters (auch „Propsteiamt“!) hinausgeht. Ich verweise noch besonders auf eine Urkunde vom Jahre 1516 (Nr. 159), wo von „Propst und Convent zu Gloggnitz“ die Rede ist. Erinnert sei auch noch weiters, daß im Benediktinerorden auch der Stellvertreter des Abtes, der spätere Prior, den Titel eines „Propstes“ genießt. Diese Stellung der Propstei Gloggnitz kommt vor allem auch darin zum Ausdruck, daß sie, u. zw. von den frühesten Zeiten an, über ein Archiv verfügte. Freilich sind uns ältere Nachrichten darüber nur spärlich erhalten. Wenn wir die an den niederösterreichischen Klosterrat geschickten Berichte aus der Propstei Gloggnitz durchforschen, so finden wir als erstes ein „Inventarium der Brobstey Gloggnitz“, aufgerichtet durch den Propst Johann Staininger im Jahre 1566 2). Danach befand sich damals „in der Brobstey ain Matricula, darinn des Gottshaus Formbach Briuilegia eingeleibt“ — also ein Copialbuch! Dann heißt es weiter „ain neuer fladerer vermachter Caßten, in dem vndern thaill achtvndzwainczich beschlagne schubladt darinn allerley des Gottshauß vrkhundten vund schrifften“. Unter den „Brieflichen Vrkhunden“ sind 42 Urkunden aufgezählt, die vom Ende des 13. Jahrhunderts bis 1559 reichen. Sie sind, wie wir später sehen werden, zum größten Teil heute noch erhalten. Endlich ist noch „ain groß gruntbuech in weiß Leder eingebunden vber alles des Gottshauß einkhumben, angefangen 1548“ angegeben; es ist heute nicht erhalten. In späteren Inven- taren aus dem gleichen Bestand sind Urkunden und Bücher nicht erwähnt, wohl aber finden sich in dem nach dem Ableben des gewesenen „Probstey Verwalters und pfarrvicarij“ (nämlich: Franciscus Langpartner) 1742 verzeichneten Inventar: 33 (Nr. 4 ist zweimal gezählt!) „Grund- und andere Buecher“, bzw. „Alte Buecher, welche annoch gebraucht werden“; darunter ein auf Pergament lateinisch geschriebenes Buch, in welchem alles, „waß zu dem Löbl. Closter Vahrenbach gestifft worden, specificierter zu finden“ und „drey gleiche Pan- thungsbücher“. Im „Archiv“ aber befand sich nach diesem Inventar „ein formblich nach dem Alphabet zusambgetragenes Register, worinn alle in dem Archiv befindl. schriftten und Documenten specificiert seynd“. Daneben steht mit späterer Schrift: „vorhanden“. Von Anzahl und Inhalt der Urkunden ist keine Rede. Ebenso befand sich damals in der „Bibliotheca“ ein „Catalogus librorum“ 3). In der „Propstey Gloggnicz kanzley“ waren im Gebrauch des Hofrichters noch zehn Herrschaftsbücher. Von da an findet sich, soweit bisher bekannt war, kein Hinweis auf Archiv oder Archivbestände der Propstei Gloggnitz. (Neu gefundene Hinweise darauf siehe unten S. 91!) Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kennen wir dann einen solchen auf ein damals im Besitz J) Vgl. M. A. Becker, Gloggnitz in Niederösterreich, mit historischen Streiflichtern (Sonderabdruck aus „Österr. Jahrbuch“ 1879), S. 17 ff., mit besonderem Hinweis auf die Klosterratsakten im niederösterreichischen Landesarchiv, Karton 112. Einer Angabe aus Lit. 33 Kl. Formbach im H. St. Archiv München ist zu entnehmen, daß der Abt von Formbach 1593 berichtet, Gloggnitz sei kein Kloster, sondern nur ein dem Kloster Formbach incorpiertes Gotteshaus nebst Pfarrhof (Frdl. Angabe H. St. Archiv München). *) Niederösterreichisches Landesarchiv, Klosterratsakten, Karton Gloggnitz. 3) Ebenda.