Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 36. Plans Kramer (Innsbruck): Agostino Patrizzis Beschreibung der Reise des Kardinallegaten Francesco Piccolomini zum Christen tag in Regensburg 1471

Patrizzis Beschreibung der Reise des Kardinallegaten Francesco Piccolomini. 557 Die deutschen Fürsten wetteiferten miteinander im glänzenden Auftreten ihrer eigenen Person und ihres Gefolges. Die Farbenpracht der Kultur des späten Mittelalters und die trotz eines gewissen Niederganges des Waffenruhmes noch immer soldatische und kriegerische Haltung der deutschen Ritter und Reisigen verbanden sich miteinander und rangen den Italienern Staunen ab *). Wir treffen in unserer Quelle nur selten Beschreibungen von Persönlichkeiten deutscher Fürsten an. Eine Ausnahme ist die Schilderung des Pfalzgrafen Friedrich I. „des Siegreichen“, der allerdings in der deutschen Politik jener Zeit eine hervorragende Stellung einnimmt * 2). Das ganz weltliche, zum Teil kriegerische Auftreten vieler deutscher geistlicher Reichsfürsten, von Männern, die oft durch die Förderung einer Dynastie und nur auf Grund ihres uralten Adels, meistens jedoch ohne jede innerliche Berufung zum geistlichen Stand jene Würde erlangt hatten, fand den heftigsten Tadel Patrizzis 3). Als Gefolgsmann des ehrenwerten Piccolomini hatte er ein gewisses Recht darauf. Sonst klingt dieses absprechende Urteil allerdings bei einem Manne, der von der verwelt­lichten Kurie des endenden 15. Jahrhunderts mit ihren prunkenden Nepotenkardinälen kommt, etwas merkwürdig. Kaiser Friedrich III. belehnte am 24. Juli 1471 in Regensburg den mit stattlichem Gefolge dort eingelangten 33jährigen Landgrafen Ludwig II. „den Frei­mütigen“ von Hessen als ältesten seines Hauses für ihn selbst und seinen jüngeren Bruder Heinrich III. „den Reichen“. Ludwig selbst erhielt Niederhessen mit der Hauptstadt Kassel. Das glänzende Schauspiel dieser öffentlichen feierlichen Belehnung, durch welches man doch noch immer die ideelle Kraft der kaiserlichen Würde ersah und das man in Italien nur sehr selten gelegentlich der wenigen Kaiserzüge genießen konnte, machte doch auf die Italiener einen erhebenden Eindruck und Patrizzi schildert es uns etwas eingehender4). balistas lanceas; ii sub vexilla tenebant transversas, pueri erectas, pulchrum erat videre sub lacernis et in capitibus fulgentia arma et tot a vento magna parvaque agitari vexilla. a) Herzog Sigmund von Tirol. b) Herzog Ludwig IX. „der Reiche“ von Bayern-Landshut. c) Herzog Albrecht IV. „der Weise“ von Bayern-München. Vgl. Arpad Weixlgärtner, Geschichte im Widerschein der Reichskleinodien, Baden-Leipzig 1938, S. 56 ff. Über Friedrich III. als Kleinodiensammler vgl. Festschrift des Kunsthistorischen Museums in Wien, 2. Teil, 1. Hälfte, Die Geschichte der Sammlungen, von Alphons Lhotsky, Wien 1941—45, S. 47 ff. Reissermayer, 1. Teil, S. 45, 2. Teil, S. 5 f. Über Paul II. als Kleinodiensammler Gregorovius, 7. Bd, S. 209 f. 4) Fast alle anderen Fürsten überstrahlte Herzog Ludwig IX., „der Reiche“, von Landshut, sozusagen der Nachbar und Schirmherr des Regensburger Christentages, durch seine Prachtentfaltung. Seine zahl­reiche nach Regensburg herangeholte Reiterei war ganz in Scharlach gekleidet. Vgl. Riezler, Geschichte Baierns 3. Bd., S. 443. 2) Über den Pfalzgrafen Friedrich I., „den Siegreichen“, vgl. oben Anm. 9. Patrizzi schildert ihn an­läßlich der Begegnung auf der Reise in Lauterburg so: palatinus per integrum diem qui et in nocte post cenam choream ducere saltareque ad germanicos numeros non dubitavit. Homo alioquin tetricus et bellicis laboribus quam conviviis aut voluptatibus deditus nihil que pretermisit, quod ad benignitatem comitatemque posset desiderari, stature est procere, facie oblonga, naso aquilino, modesto ore, oculis grandioribus et vivatissimis macillentiis, colore fausto ocio moreque omnino inpatiens. 3) Patrizzi: Sed nobis Italis neque pulchrum neque decorum videbatur, quod sacros principes a profanis discernere non liceret; nam prelatorum Germanie habitus domi forisque a pontificali maiestate et gravitate omnino est alienus; comam nutriunt, rasuram quam clericam seu coronam in vertice non vocant admodum parvam; in itinere accincti ipsi ferro, brevibus utuntur vestibus, thoracas cyrotechas ferreas gestant, armatorum cohortem ducentes, etiam cum urbes ingrediuntur. In urbibus vero talaribus utuntur indumentis sericeis plerumque atque apertis, colore nigro ferrugineo ne interdum et purpura pontificialem pilleam, lineam vestem aut latum pallium induunt nunquam et, qui principatus obtinent, quorum est maxima pars, tibicines corni cenesque ac tympanistas scurras et fatuos alunt eosque et, qui gemmatum ensem prefert, incendentes premittunt, denique preter nudum nomen pontificale aliud aut religiosum omnino nihil pre se ferunt, horum exemplum et alii sacerdotes plerumque secuntur, presertim qui sunt ditiores, quos etiam purpureas diploides gestare non pudet interdum etiam et tunicas. 4) Patrizzi: Interim Albertus Saxoa) occurrit, qui lanteraviib) nomine petebat a cesare, ut omnium provinciarum, quas optineret, vexilla deferre liceret; aderant adversarii et id negabant concedendum; res-

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