Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 4. Anton Largiadér (Zürich): Schweizerisches Archivwesen. Ein Überblick

28 Largiader, zur Aufbewahrung übergeben ’worden. Denn nur so läßt es sich erklären, daß Stücke, die provenienzmäßig in ein Hausarchiv der Nellenburger gehören würden, sich heute noch unter den Urkunden von Allerheiligen befinden. Über die Urkunden der Gräfin Margaretha von Savoyen, Witwe des Grafen Hartmann IV. von Kyburg, erfahren wir aus einer Aufzeichnung, daß die ihre Wittums Verschreibung enthaltenden Dokumente Archivsignaturen trugen 1). Als Signaturen bediente man sich eines Kreuzes, eines Ringes und der Buchstaben A, B, E, F, G, M, R, P und V (. .. et ista patent per duo paria cartarum sigillatarum septem sigillis, quibus in dorso est crux supraposita. — Item Moseburc castrum cum suis attinenciis, sicut patet per literas tribus sigillis sigillatas, quibus suprapositum est A). Auf der Burg Stein bei Baden im Aargau besaßen die Habsburger das Archiv der Vorderen Lande, dessen in den Urkunden oft gedacht wird. Als die Eidgenossen 1415 die Feste Baden eroberten, fiel ihnen auch das Archiv in die Hände. Zunächst wurde dasselbe nach dem Wasserturm in Luzern gebracht, dann ging man an die Verteilung der Bestände an die anderen Orte und schließlich wurde den Herzogen von Österreich auf ihren immer wiederholten Wunsch hin ein Teil der Bestände wieder zurückerstattet. Dabei ging es aber nicht ohne grobe Unrichtigkeiten ab, indem außerschweizerische Stücke in einem der eid­genössischen Archive zurückblieben. Das Badener Archiv verdankte seinen Ursprung dem König Rudolf und erhielt im 14. Jahrhundert erheblichen Zuwachs nach der Doppel wähl des Jahres 1314 und infolge der Erbschaft Herzog Albrechts des Weisen an der Grafschaft Pfirt. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts wurde ein Bestand habsburgischer Archivalien aus Ensisheim im Elsaß nach Baden übergeführt. Die handschriftlichen Verzeichnisse der „Briefe der Feste Baden“ liegen in Wien und Innsbruck und sind nun von Rudolf Thommen herausgegeben worden 2). Von der archivalischen Hinterlassenschaft der Grafen von Toggenburg, ausgestorben im Jahre 1436 mit Friedrich VII., hat sich ein Kopialbuch erhalten, das einst auf dem Schlosse Lütisburg am Necker (Kanton St. Gallen) verwahrt war, das „Registrant aller brief ze Lütisburg“. Erbe des Bandes wurde Graf Wilhelm II. von Montfort-Tettnang auf Schloß Tettnang am Bodensee. Da die Herrschaft Montfort-Tettnang 1810 dem Königreich Württemberg einverleibt wurde, gelangte die Handschrift an das Württembergische Staats­archiv in Stuttgart. Wartmann hat die Besitzesgeschichte des Bandes eruiert und das Lütisburger Kopialbuch publiziert3). Trümmer von Urkundenbeständen der einst in Graubünden mächtig gewesenen Freiherren von Räzüns (98 Stück) und der Grafen von Werdenberg-Sargans (über 100 Stück) liegen heute im Archiv der Fürsten von Thurn und Taxis in Regensburg. Graf Georg von Werdenberg-Sargans, 1504 als Ultimus gestorben, verheiratet mit Anna von Räzüns, Tochter des letzten Freiherrn von Räzüns, muß der Besitzer dieser Bestände gewesen sein. Von Schloß Ortenstein in Graubünden kamen diese Urkunden außer Landes und gelangten nach der Burg Scheer bei Sigmaringen an der Donau. Die Herrschaft Scheer-Friedberg gehörte nun q Es handelt sich um eine undatierte, zum Jahre 1271 gehörende Aufzeichnung auf Pergament im Staatsarchiv Turin: „Verzeichnis sämtlicher Urkunden, betreffend Wittumsverschreibung für die Gräfin Margaretha von Kyburg.“ Gedruckt im Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich, 4. Bd„ Nr. 1452, S. 156—158. 2) Basel 1941. Thommen referiert über die Eroberung von Baden, über das Archiv auf dem Stein zu Baden, über das Archiv und die Eidgenossen, über das Inventar und über zugehörige Schriften. — Vgl. Paul Schweizer, Beschreibung, Geschichte und Bedeutung des Habsburgischen Lübars. In: Quellen zur Schweizer Geschichte, 15. Bd. (2. Teil), Basel 1904, S. 519 ff. — Otto H. Stowasser, Das Archiv der Herzoge von Österreich. In: Mitteilungen des Archivrates. Unter Leitung des Geschäftsausschusses redigiert von Franz Wilhelm, 3. Bd., 1. Heft, Wien 1919, S. 23—25. — Bruno Meyer, Das habsburgische Archiv in Baden. In: Zeitschrift für schweizerische Geschichte, 23. Bd., Zürich 1943, S. 169—200. 3) Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte, herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen, 25. Bd., St. Gallen 1891.

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