Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 11. Hermann Wiessner (Klagenfurt): Das Graf Dietrichsteinsche Fideikommißarchiv

180 Das Graf Dietrichsteinsche Fideikommigarchiv. Von Hermann Wiessner (Klagenfurt). Im Rahmen einer Festschrift des führenden österreichischen Archivs scheint es nicht unangebracht, des historischen Nachlasses eines Kärntner Geschlechtes zu gedenken, das weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus in der gesamtösterreichischen Geschichte eine bedeutsame Rolle spielte. Es handelt sich um das Fideikommißarchiv der Grafen von Dietrichstein, das 1930 vom Kärntner Landesarchiv zu treuen Händen übernommen wurde. Dieser stattliche Archivkörper mit 203 Urkunden, 1155 handschriftlichen Büchern und 495 Bündeln Akten ist bis heute noch wenig bekannt und ausgewertet. Wissgrill hat zuerst darauf Bezug genommen *), F. A. Benedikt schrieb über die Familie der Grafen von Dietrichstein und deren fürstlichen Zweig 1 2), F. Bischoff gab Regesten zur Geschichte Sigmunds von Dietrichstein heraus3) und letztlich hat W. Seidel4) eine wirtschafts­geschichtliche Studie veröffentlicht, die auf Akten dieses Archivs fußt. Die in Rede stehenden Archivalien, welche inhaltlich in drei Gruppen: in die Herr­schaften Hollenburg, Finkenstein und Landskron-Velden zerfallen, haben ein bewegtes Schicksal hinter sich und manche Fährnisse überstanden, bevor sie in die Obhut des Landes- archives gelangten. Das Hollenburger Archiv war in der Burg gleichen Namens in einem kellerartigen Gewölbe untergebracht, die Akten auf Stellagen, die Bücher auf dem Boden gelagert. Der ganze Bestand war nach dem Berichte des damaligen Landesarchivars Dr. Martin Wutte stark verschmutzt und ein Teil der jüngeren Akten hatte durch Feuchtigkeit und Mäusefraß derart gelitten, daß er nicht mehr aufgestellt werden konnte. Die älteren Archivalien lagen in den Schubladen zweier Archivkasten, von denen allerdings 25 völlig leer waren, die in den übrigen Laden liegenden Pakete waren auseinandergerissen und der Inhalt an ver­schiedene Stellen zerstreut. Da es unmöglich war, die alte Ordnung wiederherzustellen, wurde der ganze Bestand einer völligen Neuordnung unterzogen. Der andere Teil des Archivs, die Herrschaften Finkenstein, Landskron und Velden betreffend, lag in einem großen Haufen auf dem Dachboden des Schlosses Hollenburg in einem Raum, der als Getreidevorratskammer benutzt wurde. Diesem Teil des Archivs hatten die Ratten und Mäuse besonders arg zugesetzt. Die Archivalien waren erst 1914 aus Neu-Finkenstein auf offenen Krippenwagen nach Hollenburg gebracht worden und bei dieser Gelegenheit wurde, wie Augenzeugen berichteten, ein Teil der Bücher und Akten, unter den Büchern auch solche mit Ledereinbänden, auf einer Wiese neben dem Schlosse Neu-Finkenstein verbrannt. Ebenso sollen auch im Jagdhause bei der Ruine Alt-Finkenstein alte Akten zum Anheizen verwendet worden sein. Es sind daher von dem Finkensteiner Archiv nur mehr Reste vorhanden, die Urkunden sind zur Gänze abhanden gekommen. Zu diesen Verlusten durch Fahrlässigkeit scheinen aber auch Entfremdungen gekommen zu sein. So wurden scheinbar gelegentlich des Transportes von Finkenstein nach Hollenburg Archivalien entwendet und tauchten mit der Zeit bei verschiedenen Antiquariaten wieder 1) Schauplatz des landsr.ssigen niederösterreichischen Adels 1795. Bd. II, S. 12 ff. 2) Carinthia 1835. Folge 1—10 und Schriften des historischen Vereines für Innerösterreich. Graz 1848, S. 149 ff. 3) Beiträge zur Kunde steirischer Geschichtsquellen. Bd. XIII, S. 110. 4) Carinthia 1940, S. 128 ff.

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