Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 2. A. C. Breycha-Vauthier (Genf): Dokumente um ein Leben. Die „Bertha-von-Suttner-Sammlung“ der Bibliothek der Vereinten Nationen

10 Breycha-Vauthier, gekehrt zwischen ernsten Studien von Philosophie und Naturwissenschaft und Schreiben von Büchern, 44jährig mit der internationalen Friedensbewegung in Kontakt kam, und seither ihre ganze willensstarke Persönlichkeit, das Talent einer gefeierten Schriftstellerin, ihre zahllosen internationalen Beziehungen und die Kunst, diese Menschen vieler Länder und Sprachen recht zu behandeln, in ihren Dienst stellte; darüber berichten wohl ihre 1909 erschienenen Memoiren und deren Fortsetzung die von Alfred Fried 1917 herausgegebenen „Randglossen 1892—1914. Der Kampf um die Vermeidung des Weltkrieges“. Im Gegensatz zu ihren Büchern, etwa ihrem berühmtesten Roman „Die Waffen nieder“, der in allen bedeutenden europäischen Sprachen erschien und z. B. allein fünf russische Übersetzungen erlebte, einem Buch, dem man mit Recht eine ähnliche politische Bedeutung wie seinerzeit „Onkel Tom’s Hütte“ im Kampf für die Sklavenbefreiung zuspricht, waren ihre Memoiren kein so großer Erfolg; wohl auch deshalb, weil die brillante Schriftstellerin,wenn sie auf sich selbst zu sprechen kam, nur mehr ungern tiefer ging. So fehlt denn bisher die entsprechende Beschreibung dieses großen Lebens. Zu einer solchen kann die Genfer Sammlung folgendes, zum größten Teil noch nicht ausgewertetes, Material beitragen: 1. Die zwölf Tagebücher Bertha von Suttners: Bd. I, 1. Jänner 1897 bis 26. Jänner 1899, Bd. II, 1. Jänner 1900 bis 10. Juni 1901, Bd. III, 5. Juli 1902 bis 31. Dezember 1902 (die Seiten vom 11. Juni 1901 bis 5. Juli 1902 sind entfernt), Bd. IV, 1. Jänner 1903 bis 31. Dezember 1903, Bd. V, 1. Jänner 1904 bis 25. August 1905, Bd. VI, 26. August 1905 bis 31. Dezember 1906, Bd. VII, 1. Jänner 1907 bis 9. Juni 1907, Bd. VIII, 10. Juni 1907 bis 30. Juni 1909, Bd. IX, 1. Juli 1909 bis 31. Dezember 1911, Bd. X, 1. Jänner 1912 bis 31. Dezember 1913, Bd. XI, enthält die im Band X fehlenden Eintragungen ihrer Amerikareise, 24. Mai 1912 bis 20. Dezember 1912, Bd. XII, 1. Jänner 1914 bis 2. Juni 1914. Wenn uns auch aus fast jeder Seite jener einzigartigen Geschichtsquelle dieser Jahre besorgte und kritische Betrachtungen zum Weltgeschehen entgegentreten, so liegt diesen nichts ferner als „Kampfscheuer Lämmersanftmut“, um mit ihren Worten zu reden. Es war stets mutige Auflehnung, mit einer Ader gesunden Humors, wenn sie die kleinen Seiten großer Ereignisse mit ihrem feinen Sinn für das Unechte beleuchtete. 2. Die Briefe Bertha von Suttners an Alfred Fried. Sie umfassen die Zeit von 1891 bis 1914 und betrachten die Dinge und Menschen, was sie schreiben und was sie reden und sind so ein internationaler Zeitspiegel dieser Jahre; oft täglich, manches Mal sogar öfters im Tage geschrieben, sind diese zahllosen Blätter um so aufschlußreicher, als sich hier zwei starke, in manchem verschiedene Temperamente immer wieder zur fruchtbarsten Zusammen­arbeit finden. 3. Die Briefe Bertha von Suttners an Bartholomäus Carneri, 1889—1902, und seine Briefe an sie, 1890—1900. Der Briefwechsel mit ihrem großen Freund Carneri, Philosoph und Reichsratsabgeordneter — so etwas gab es in unserem damaligen Österreich nämlich noch — zeigt nicht nur manches persönliche um die große Frau, sondern vermittelt uns auch noch etwas von der geistig so angeregten Atmosphäre des berühmten „Carneri-Tisches“ im Hotel Meissl. Ein anderer aufschlußreicher Briefwechsel mit Nahestehenden sei auch hier genannt: Die Briefe ihrer Mitarbeiterin Gräfin Hedwig Pötting. 4. Neben einer Anzahl von Manuskripten, darunter dem von „Marthas Kinder“, der Fortsetzung von „Die Waffen nieder“, von Vorträgen und zum Teil nicht veröffentlichten

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