Az Eszterházy Károly Tanárképző Főiskola Tudományos Közleményei. 1990. Germanistiche Studien (Acta Academiae Paedagogicae Agriensis : Nova series ; Tom. 20)

Alexander von Pechinann (München), Zur politischen Theorie des späten Schelling

18 Antike als Dike verehrt wurde, und von der Aristoteles als einer allgemeinen Ahnung der Macht gesprochen hatte, die vor jedem Vertrag Recht und Unrecht bestimmt. Diese objektive Vernunft sei es auch, die nach Kant dem absolut-freien Willen das unbedingte Gesetz, den kategorischen Imperativ auferlege und sich im menschlichen Bewusstsein als Gewissen äussert. Das Vernunftgesetz sei gleichsam das ethische Grundgesetz, welches den Staat erst sanktioniere, und um dessentwillen er da sei. Von dieser Macht ausgehend bestimmt Schelling nun das Wesen des Staates, dessen Aufgabe es sei, das Vernunftgesetz äusserlich, mit zwingender und faktischer Gewalt ausgerüstet, zur Wirkung zu bringen. Der äussere physische Zwang, die Gewalt und Unterwerfung der Bürger seien daher notwendige Attribute des Staates. In dieser Hinsicht lässt sich Schelling durchaus in die Reihe der modernen Machtstaatstheoretiker stellen, die den Staat als blosses Herrschaftsinstrument verstanden haben. Der Staat sei weder die Erfüllung des menschlichen Daseins, wie die Antike angenommen hatte, noch hingeordnet auf einen ihn transzendierenden Zweck, kein "Heiliges Reich", als das das Mittelalter den Staat verstand. Schelling war zwar ein Theoretiker der bürgerlichen Gesellschaft, der das Verhältnis des Staates zu den Individuen als ein Verhältnis der Herrschaft und Macht sah, aber er vertrat keine imperialistische Machtstaatstheorie, die in der Staatsmacht einen nur blinden und vernunftlosen Trieb bzw. Willen wirken sah. Denn Schelling galt nicht der archaische Wille als Grundlage des Staates, sondern im Gegenteil die objektive, gesetzgebende Vernunft. Man könnte Schelling dementsprechend in der Weise interpretieren, dass er den Versuch unternahm, den antiken Glauben an eine objektive Vernunftordnung in das Zeitalter der Moderne hinüberzuführen, in dem die Ordnung auf dem staatlichen Zwang gegenüber den autonom gewordenen Individuen beruht. Aufgrund dieses Konzepts vom Wesen des Staates übte Schelling nun entschiedene Kritik an der ihm in vielem verwandte Staatstheorie Hegels. Und in der Tat stimmen sie, äusserlich gesehen, in wichtigen Punkten überein. Beide übten sie Kritik an der Vertragstheorie als willkürlichen und artifiziellen Konstrukten: beide versuchten sie, das antike Staatsverständnis mit dem modernen zu verbinden; und beiden war die Auffassung gemeinsam, dass es eine objektiv wirkende Vernunft gäbe, die nicht von Menschen gemacht ist, sonderen die sie beherrscht: Hegels Weltgeist und Schellings objektive Vernunft. Und dennoch trennen Steide Welten. Vereinfacht gesagt, sah Hegel den Staat positiv und Schelling negativ. Und da beide in der Vernunft das Wesen des Staates sahen, lag ihr Konflikt auch im gegensätzlichen Begriff von Vernunft. Hegel begriff die Vernunft sowohl subjektiv als auch objektiv. Sie sei das in der Geschichte, was in ihr mit innerer Notwendigkeit

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