Az Eszterházy Károly Tanárképző Főiskola Tudományos Közleményei. 1990. Germanistiche Studien (Acta Academiae Paedagogicae Agriensis : Nova series ; Tom. 20)
Alexander von Pechinann (München), Zur politischen Theorie des späten Schelling
17 weil für ihn, verkürzt gesagt, Freiheit und Vernunft dasselbe sind. Die Vernunft ist für ihn eben das, wodurch der Mensch sich frei von aller Bindung zu Gott selbst bestimmt, und eine konsequente Vernunftphilosophie galt ihm folglich auch als ein konsequenter Atheismus. Daher müsse auch der Staat, dessen Grundlage nichts als die Vernunft ist, als ein durch und durch atheistisches und säkulares Gebilde verstanden werden. Der Staat gehorche nur seinen eigenen, vernünftigen Gesetzen, und nichts wäre verkehrter, als in ihm ein irgendwie göttliches Gesetz oder Handeln zu entdecken; denn dies widerspräche seiner Herkunft aus dem Bösen. Es war daher auch verfehlt, in Schelling einen Protagonisten religiös motivierter Politik zu sehen. Die christliche Orthodoxie, die katoholische in München und die protestantische in Berlin, schien mit ihrer Distanz zu Schelling ein feineres Gespür gehabt zu haben als die Kritiker, die ihn als Verfechter einer christlich inspirierten Politik angegriffen haben. Er stand hinsichtlich des Laizismus des Staates dem französischen Rationalisten Montesquieu näher als etwa Hegel, der im Vernunftstaat ja zugleich auch die Verwirklichung der göttlichen Idee gesehen hatte. Was nun den Begriff der Vernunft betrifft, auf den Schelling den Staat gegründet sali, so wandte er sich zunächst unmissverständlich gegen die sog. "subjektive Vernunft" der Vertragstheorien der Aufklärung. Diese Konzepte, die dem Einzelnen eine natürliche Vernunft zuschrieben, propagierten nichts als die "unsinnigste Anmassung absoluter Egoität"^. Die Resultate solcher Versuche, den Staat auf die subjektive Vernunft zu gründen, seien gewesen, dass der Staat entweder handlungsunfähig oder zum Instrument despotischer Personen wurde, wodurch sich nur zeige, dass das, was als "subjektive Vernunffausgegeben wurde, nichts als haltlose und zufällige Willkür gewesen sei. Schelling räumt zwar ein, dass Staaten faktisch von den Menschen gemacht und von ihnen anerkannt werden müssen; aber diese Tatsachen allein begründeten noch kein Existenzrecht; im Staat, so Schelling. "walten noch andere Mächte ... als menschliche Willkür"; diese sei "einem höheren Gesetz und einem über sie selbst erhabenen Princip unterworfen"^. Und man tut ihm sicher nicht Unrecht, wenn man dieses Prinzip, im Unterschied zur subjektiven, die "objektive Vernunft" nennt. Diese sei es, die die Grundlage des Staates bilde. Schelling nennt diese "objektive Vernunft" die über den Zeiten stehende und keiner Veränderung unterworfene Macht, die jeder empfinde und, ob er will oder nicht, anzuerkennen gezwungen ist. Hier erinnern seine Formulierungen an die Aussagen der Stoa über das höchste Vernunftgesetz, das über allem positiven Recht stehe, und das zu überschreiten verderblich sei. Sie sei die austeilende, absolut gerechte Macht, die von der