Az Eszterházy Károly Tanárképző Főiskola Tudományos Közleményei. 1993. Germanistische Studien. (Acta Academiae Paedagogicae Agriensis : Nova series ; Tom. 21)
Illényi, Domonkos: Gesellschaftstheoretische Elemente in den Werken von Geothe, Schiller und Hölderlin
mahnte er den Herzog in seinem Gedicht "Ilmenau" (1783) zur Entsagung, zum Führen eines bescheidenen Lebens. "So mög', o Fürst, der Winkel deines Landes Ein Vorbild deiner Tage sein! Du kennst lang die Pflichten deines Standes Und schrankest nach und nach die freie Seele ein. Der kann sich manchen Wunsch gewáhren, Der kait sich selbst und seinem Willen lebt: Alléin wer andere wohl zu leiten strebt, MuB fáhig sein, viel zu entbehren". 4 Er hat die Wichtigkeit der Finanz- und Arbeitsdisziplin mit dem Kennenlernen der inneren Zustánde des Landes verbunden, wo zu dieser Zeit etwa 100.000 Menschen lebten. Er schrieb über ein Volk, das "in stillem FleiBe" die Geschenke der Natúr zum Nutzen des Staatsbürgers und des Fürsten verwendet, der sich über die reiche Ernte seiner Ácker freut. Nach dem Vorbild der englischen sog. Reflexionsdichtung stellte auch Goethe eine idyllische Lage dar, die das Produkt einer vernünftigen Lenkung und Verwaltung ist, in der die Natúr und die Beflissenheit der Bauern und Handwerker die reichste Ernte einbringt, wenn die fleiBige Hand die gröBte gesellschaftliche Freiheit genieBen kann. Goethe möchte Weimar zum Musterstaat organisieren: nach englischem Beispiel durch Agrárreform, Ausbau des Wege- und Wassernetzes, Förderung des Grubenwesens und der Manufakturen, aber vor allém durch vernünftiges Regieren. Im Namen der Vernünftigkeit kümmerte sich der Herzog um seinen Haushalt, dessen Angestellte und einfache Arbeiter, und er widmete auch seine Freizeit diesen Verpflichtungen, die ihm seine Bürger durch ihre Arbeit sicherten. Diese alteuropáische Auffassung (fast wie bei Homer in Ithaka) des Staates und der Gesellschaft ermöglichte dem Dichter, die stándischen Grenzen auBer acht zu lassen, und alle Einzelnen den Herrscher und Gutsbesitzer, den besitzenden Bürger und den Staatsbürger überhaupt auf gleiche Weise als Menschen zu behandeln, der in seinem Wirkungskreis, "in seinem Kráhwinkel", ein Herr von unumschránkter Verantwortung ist. Das in dem Gedicht "Ilmenau" umrissene Weimarer Staatsbild Spiegelt sich in all seinen Elementen in einem junkerlichen Gut, in den "Wahlverwandschaften", in der bürgerlichen Atmosphare von Herrmann und Dorothea wider, wo der harmonisch herangebildete Einzelne in den Mittelpunkt rückt. Die sich die Harmonisierung der gesellschaftlichen und individuellen Interessen setzende Humanitátsauffassung zeigt vielleicht den EinfluB von Herder, mit dem sich Goethe in Weimar mehrmals traf. 50