ARHIVSKI VJESNIK 13. (ZAGREB, 1970.)

Strana - 427

irren, oder an manchen Orten zu schnell absprechen, doch, wie gesagt, ich rech­ne hiebei auf einige Nachsicht von Ihrer Seite. Sehen Sie, ich meine, es wäre nie zum Sturze des Fürsten Miloš gekommen, hätten es Oestreich und England zu rechter Zeit verstanden, was zu thun sey. Beide Mächte haben es unterlassen den Fürsten Miloš vor den Folgen seiner Tyraney zu warnen, und seiner Regierung Mass und Ordnung anzurathen; man gab sich damit zufrieden, dass sie antirussich sey. So liess man es auf das Äusserste ankommen, und wollte diesen Fürsten à tout prix erhalten. Oestreich, Frankreich und England riethen dagegen 1843 dem König von Griechenland, die Constitution zu acceptiren und König zu bleiben, auch Fürst Miloš wäre so zu retten gewesen, und dann hätte sich anstatt der von Russland entworfenen anarchischen Constitution ein die Regierung des Fürsten Miloš befestigendes nationales Grundgesetz einführen lassen. Von diesem Augenblicke an hätte Oestreich keinen russischen Einfluss mehr in Serbien zu befürchten gehabt. Jetzt dagegen den Fürsten Miloš wieder nach Serbien zurückzubringen, scheint mir vergebliche Mühe. Die Legitimität der Familie Obrenowic hat keine genug tiefen Wurzeln in Serbien, und die ehemals grosse Macht dieser Familie ist gebrochen, Fürst Miloš selbst hatte keine Anhänger aus Zuneigung, die Anhänglichkeit an ihn beruhte auf materiellen, meist kaufmännischen Interessen, die mehr und mehr einer Umgestaltung entgegengehen; mit Geld allein erkauft sich keine Hingebung noch Aufopferung. Der russische Einfluss ist, der die Parthey des Fürsten Michail belebt, und dièse Parthey hat bis jetzt immer dahin gestrebt, von dem alten Fürsten unter allerlei Vorspieglungen nur die Geldmittel zu entlocken. Die Cvetko Rajević'sche Conspiration 20 und der Einfall des Stoj an Jovanović 21 beabsichtigten zugleich einen Betrug des Fürsten Miloš, denn eigentlich war es auf die Wiedereinsetzung des Fürsten Mihail abgesehen, sonach suchte Russland Oestreich zu überlisten. Wenn auch gegenwärtig Neid und Herrschgierde viele wichtige Männer der serbischen Regierung zu Zank und Hader verleitet, und dies die Hoffnungen der Obrenović wach erhält, im Augenblicke der Noth werden dennoch all diese Männer gegen die Obrenović zusammenhalten. Die in Belgrad so zahlreichen Partheyencotterien finden keinen Anklang beim Landvolke, und das durch und durch bewaffnete Landvolk entscheidet, nicht die Städte. Das Volk aber ist der Revolution satt, 22 es will Ruhe, und würde sich jetzt was immer für einen Fürsten gefallen lassen, wenn er nur kräftiges Regiment zu führen verstünde. All die Zerrungen, Intriguen und Eifersüchteleyen können wohl den Gang der serbischen Regierungsmaschine erschweren, verzögern, und schwächen, allein sie werden keine Revolution mehr in der gegenwärtigen Generation zu Stande bringen. Fürst Alexander war schwach, sehr schwach, aber sein durchaus achtbarer Privatcharakter mehrt die Zahl seiner Anhänger tagtäglich, die historischen Errinnerungen an seinen Vater sind wieder in frischer Blüthe, an diese Familie knüpfen sich theuere und heilige Erinnerungen, die viele Serben beseelen, Karageorg hat seinen Thron mit dem Leben gebüsst und bleibt der erste Held Serbiens im 19. Jahrhundert. Fürst Miloš hat seine Verdienste mit Gier, Diebstahl, Mord und Schändung besudelt und darum hängt ihm die Nation nicht mehr an, darum will sie auch nicht mehr zu dem einst mächtigen Fürsten zurückkehren. Je mehr Oestreich sich um den Fürsten Miloš interessirt, so mehr zieht es sich die Abneigung und den Hass der grossen Mehrheit der Serben zu. Eine J0 Cvetko Rajović (u rukopisu netočno Rajević), ministar unutrašnjih poslova za prve vlade kneza Mihajla do njegova pada 1842. Na početku 1844. organizirao je akciju za svrgavanje kneza Aleksandra, ali je bio uhapšen. 31 Neuspjeli upad emigranata-obrenovićevaca iz Srijema u Šabac noću od 3. na 4. X 1844, pod vodstvom Stoj ana Jovanovića Cukića, poznat je u literaturi pod imenom »Katanske bune«. 12 Potcrtano u rukopisu. 427

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