ARHIVSKI VJESNIK 1. (ZAGREB, 1958.)

Strana - 201

Kurz vorher waren in Erwägung aller eventuell zu erwartender Vorkommnisse die Kasetten mit den Reservatbefehlen in die Admiralswohnung geschart worden, um im Notfalle über die Heckgallerie über Bord geworfen zu werden. Nachdem sich der gesamte Stab in meiner Kajüte um mich versammelt hatte, erschien Titular Bootsmann RASCH und teilte folgendes mit: »Meine Herren! Wir haben das Kommando übernommen, sie werden aufgefordert, sich in die Kabinen zu begeben, woselbst sie bewacht werden«. Ich fiel im ins Wort und fragte, warum der Seefähnrich nicht vor mir erscheine, worauf er mir antwortete: »Der Herr Komman­dant ist momentan zu sehr beschäftigt und hat mich beauftragt, mit den Offizieren zu sprechen«. Hierauf frug ich ihn, was sie überhaut wollten, worauf er antwortete: »Sofortigen Frieden — wir haben die Macht und geben sie nicht mehr aus den Händen, bis nicht der Friede geschlossen ist«. Auf meine Frage, wie er sich dies vorstelle, zuckte er die Achseln und als ich ihm die Konsequenzen vor Augen führte, welche das Beharren im momentanen Zustande durch Eingreifen der Landstreitkräfte nach sich ziehen und wie viel unschuldiges Blut fliessen müste, erklärte er: »Bei jeder Revolution (dieses Wort war bisher noch nie gefallen!) muss Blut fliessen, mir ist es auch egal, ob ich heute oder morgen gehängt werde, die gesamte Marine steht auf unserer Seite«. Auf meine Frage, ob denn die Mannschaft kein Vertrauen zu ihren Offizieren habe, um ihre Wünsche vorzubringen, meinte er: »Nein, das Ver­trauen haben wir verloren, denn sie können uns keine Zugeständnisse machen — sie sind nicht schuld daran, sondern nur das System im Staate, es ist genau so, wie in Russland, mit dem System muss gebrochen werden«. Ich brach hierauf das Gespräch ab, indem ich ihm sagte, dass die Mannschaft nun die Verantwortung für alle kom­menden Ereignisse trage, worauf er sich zurückzog. Korvettenkapitän v. FÖRSTER eilte dem Bootsmann nach und stellte ihn be­treffs des verlangten Aufenthaltes in den Kabinen zur Rede, mit der Bemerkung, dass der Stab wohl auch die Messen und zugehörige Vorräume benützen könne, worauf er antwortete, dass er diesbezüglich erst die Bewilligung des »Kommandanten« ein­holen müsse. Kurz darauf erschien er mit dieser Bewilligung — der Stab war nun­mehr vom Deck vollkommen abgeschlossen, sämtliche Niedergänge durch bewaffnete Posten besetzt, welche den Befehl hätten, auf jede auf Deck kommende Stabsper­son zu schiessen und konnte von den äusseren Vorgängen ausser durch Seitenlicht­lucken nichts mehr beobachtet werden. Im Laufe des Nachmittages verliessen sämtliche Zerstörer und Torpedoboote ihre Vertäuplätze und steuerten in die innere Bucht von Cattaro. Dies konnte vom Stabe nicht selbst beobachte t we^.rden, wurde jedoch durch treu gebliebene Leute hinter­bracht. Ebenso erfuhren wir durch diese Leute gerüchtweise von folgendem Depeschen­wechsel: 4 h p.m. »Kreuzerflottillenkommando und Matrosenkomitee — Auf Befehl des Kommandierenden Generals wird das Feuer auf die Schiffe unter folgenden Be­dingungen nicht eröffnet werden: jegliche Bewegungen von Fahrzeugen aller Art haben zu unterbleiben, ebenso dürfen keinerlei Abteilungen zu Land Aufenthaltsort ändern — Kriegshafenkommando«; daraufhin die Antwort um 4 h 12 p.m.: »Kriegs­hafenkommando —- Bedingungen werden erfüllt — Matrosenkomitee«. — 201 —

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