K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale 4. (Wien, Leipzig 1899)
A. Czerny: Das neue Landes-Archiv in Linz und seine Ausgestaltung in der Zukunft
Linzer Archiv. 77 wendet worden ist. Außer den Urkunden trifft man aber, wie ich aus langer Erfahrung weiß, in den aufgelassenen Registraturen, die meistens mit den Archiven vereinigt waren, oft sehr interessante Acten und Briefschaften lebender und abgestorbener Geschlechter unseres Landes, kleine Beiträge zu den langen Unruhen und Kriegen des Reformations-Zeitalters, wichtige Notizen zur Verwaltungs-, Rechtsund Wirthschafts - Geschichte, selbst Reste mittelalterlicher Dichtungen, wie es die großen Archive in Eferding (Starhemberg), Steyr (Lamberg), Greinburg (Herzog von Coburg) und viele andere kleinere bewiesen haben. Leider werden aber viele alte Schloß - Archive theils mit Mistrauen, theils mit gerechtem Schamgefühl über ihre gräuliche Unordnung wie ein verwunschener Schatz vor fremdem Auge behütet. Manche werden für geordnet ausgegeben, aber wann und wie geschah es? Die wenigsten haben fachgemäße Kataloge, aus denen man den Inhalt schöpfen könnte. Hoffen wir, dass die hochherzigen Beispiele eines Camillo Starhemberg, der selbst täglich 3—4 Stunden an der Ordnung seines Archives arbeitete, eines C o b u r g in Greinburg, L a in b e r g in Schloß Steyr, eines Kinsky in Freistadt, C la m - M a r ti n i tz in Klam Eindruck und Nachahmung hervorbringen. Die Besitzer der literarischen Antiquitäten sollten wohl erwägen, dass ohne Ordnung und Repertorien ihre Sammlungen immerhin Entfremdungen ausgesetzt sind, welche lang im stillen geübt werden können ohne Gefahr der Entdeckung, weil es an Verzeichnissen zur leichten bequemen Revision mangelt. Es haben sich bei manchen Privaten und Käsekrämern Dinge gefunden, die offenbar aus Herrschafts- Archiven herrührten, wie z. B. das Fragment des Nibelungenliedes aus dem 13. Jahrhundert, das im Jahre 1837 sammt einem Pack Pergament - Urkunden von einem unbekannten Menschen aus Wels dem Grafen Weißenwolf, Präsidenten des Linzer Museum, verkauft wurde '). *) *) Jahresbericht, d. Linz. Mus. Jahrg. V. (1841).