Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1886

8 c) Wo sind deine Handschuhe? fragt die Mutter ihr aus der Schule kommendes Söhnchen; dieser betrachtet seine frierenden Hände, sucht in allen Taschen, denkt nach, da fällt es ihm ein, dass sie wohl in der Papierhandlung geblieben sein dürften, als er ein Heft kaufte. „Nun •geh’ sogleich und hole sie!“ „Ach, Mama, jetzt friert es mich, mor­gen gehe ich ohnedies vorüber, dann werde ich schon hineingehen.“ Dass soll die Mutter aber nicht erlauben. Der Fehler ist sofort gut zu machen. d) Irenchen sagt ihren Vers auf; sie bleibt dabei jedoch mehrere Male stecken, scheint aber mit sich zufrieden zu sein, denn sie nimmt das Buch und sagt: Ich kann ihn schon, das Fräulein wird schon zufrieden sein; es ist nicht so streng—wie du. Hier soll die Mutter wieder nicht nachgeben, der Vers soll und muss gut gelernt werden. e) Wenn das Kind etwas zerbricht, seieS aus Unachtsamkeit, aus Gedankenlosigkeit oder Flatterhaftigkeit, so ersetze es den Schaden aus seinem Taschengelde und wenn es keine ersparten Groschen hätte, so entziehe man ihm irgend einen Genuss so lange, bis der Schaden irgendwie gedeskt ist. Wenn euch nun ein Fremder beobachtet, und euch deshalb für kleinlich oder haarspalterisch und pedantisch hält, so kümmert euch nicht darum, ihr Eltern: die Erziehung eurer Kinder ist eure Pflicht. Wenn euer Kind in Folge der schlechten Erziehung unglücklich wird, so ist das nicht des Fremden Schaden, sondern der eure ; nicht sein Name, sondern der eure wird befleckt, und unter der Leichtfertigkeit eures Kindes wird nicht der Fremde, sondern werdet nur ihr selbst geistig und körperlich zu leiden haben. Lüge und Diebstahl sind leichter zu kuríren, als der Leicht­sinn auszurotten ist. Der Lügner und der Dieb kann sich nach einer strengen Ermahnung vornehme 1, dass er mit festem Willen die Versuchung besiegen wird. Ohne seinen Willen greift seine Hand nicht nach fremden Gift. — Anders ist der Leichtsinnige, denn der handelt eben gedankenlos, ohne es eigentlich zu wollen. Darum ihr Eltern, man möge euch für kleinlich und pedantisch halten,so viel man will, gewöhnt eure Kinder schon bei kleinen Dingen ans Nach­denken ; nicht der Augenblick behersche sie, sondern gewöhnet sie daran, immer die Folgen ihrer Handlungen im Auge zu haben. — Der Leichtsinn ist kein Fehler des Herzens; ein leichtsinniges Kind ist noch kein schlechtes Kind. — Wenn aber die Energie des Vaters und die Geduld der Mutter die Schwächen der Kinder nicht genug ihrer Aufmerksamkeit würdigen, wenn Sie dieselben nicht schon im Keim ersticken, dann müssen sie sich’s nur selbst zu­schreiben, wenn ihr Kind von Stufe zu Stufe auf dem Pfade des Leichtsinns vorwärts schreitet, bis es endlich vor den Schranken des Gerichts steht, oder das Leben — welches ihm nur eine Quelle des Elends und der Qual geworden ist — von sicht wirft. Wie wir gesehen haben, ist der Leichtsinn eigentlich die Folge der zu grossen und ungeregelten Lebhaftigkeit des Kindes; aus dem Mangel an Lebhaftigkeit aber entspringt die Trägheit und F a u 1 h e i t.

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