Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1886

7 die verschiedenen Auswüchse eines und desselben Fehlers. Unsere Zurechtweisung und unser Tadel sei bestimmt und kurz; der Leicht­sinnige hat nicht die Geduld, . eine lange, salbungsvolle Rede mit Aufmerksamkeit bis zu Ende zu hören. Einige Beispiele mögen es zeigen, wie wir uns bei dergleichen Vorkommnissen zu benehmen haben. a) Hänschen rennt die Treppe hinunter, um aus dem Garten einen frischen Peitschenstiel zu holen. Sein Vater kommt ihm ge­rade entgegen und fragt: „Hast du die Tinire auch zugemacht?“ — „Nein; ich habe vergessen.“ — „Laufe schnell zurück und ma­che sie zu!“ — „Ja warum denn, ics kehre doch gleich zu­rück “ — „Time, was ich dir sage.“ „Papa du gehst ja auch hi­nauf und wenn du hinein gehst, musst du doch die Thüre auf machen, weshalb soll ich sie denn zuerst zumachen.“—Der Vater antwortet hierauf kein Wort, sondern sinkt, seinen Sohn nur scharf an, mit einem Blick, welcher den Sohn trägt: Hast du nicht ver­standen? Habe ich nicht befohlen? und Hänschen gulit zurück und timt, was der Vater befohlen hat, obgleich er innerlich darüber auf­gebracht ist, dass er hinauf laufen muss, dann hinunter, und dann wieder hinauf. Später erzählt ihm der Vater, dass sich sehr leicht jemand hinein schleichen kann, wenn die Thüre offen bleibt, dass man sie zmnaclien muss, selbst wenn man im Haufe bleibt; man muss sich daran gewöhnen, aus Prinzip zu zumachen, denn wir kön­nen nicht wissen, was uns von der Durchführung unserer Absicht zurück­halten kann. Anfangs lässt sich das Kind leicht an dergleichen gewöh­nen ; hat aber Hans sich einmal das Gegentheil, die Sorglosigkeit, angewöhnt, so wird selbst die unerbittlichste Consequenz und das fortwährende Ermahnen keine Wirkung mehr haben. — Es sei Gesetz, dass jedes Versäumniss sogleich gut gemacht werde. — Ja, aber wer kann alles sehen ? — Darin liegt eben die grosse Schwierigkeit, welche eben nur eine sorgsame Mutter bezwingen kann. b) Lieschen nimmt die Puppe aus dem Kasten unh ruft He­lene zum Spielen. „Hastdu deine Aufgabe schon gemacht?“—fragt die Mama. Nein, ich werde sie schon machen, jetzt spiele ich eher. Gesetzt nun, dass Lieschen noch nicht viel gearbeitet hat, dass Ruhe und Erholung noch eben nicht nöthig sind, so wird die Mama das Spielen nicht erlauben, vor Allem die Aufgabe fordern, und ist sie schlecht gemacht, so muss sie eben noch eimmal geschrieben worden, und gibt es auch Schmollen und Thränen, so wird doch niemand bei der Aufgabe helfen. — „Ich muss ja die Aufgabe est für Montag haben, und heute ist erst Samstag!“ „Dukannst nicht wissen, ob wir mor­gen nickt Gäste bekommen, ob wir nicht spazieren gehn, ob du nicht vielleicht unwohl bist und die Arbeit bleibt ganz weg. Wenn dass Kind gleich vom ersten Schultage an, an die Pünktlichkeit gewöhnt wird, so wird die Erfüllung seiner kleinen Pflichten — vorausgesetzt, dass dieselben seinen Kräften angemessen sind — nicht viel Müse kosten; wenn aber das „Morgen, Morgen, nur nicht heute“ einmal Wurzel gefast hat, kann selbst, die strengste Controle kaum mehr etwasausrichten.

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