Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1883

6 Abgesehen nun davon, dass das Kind in seinem dritten und vierten Jahre weder den Wert der Bilderbücher schätzen, noch aus demselben Nutzen ziehen kann, ist der Gebrauch derselben seinem Gesichtsinne sogar schädlich, weil es seih Auge an den Bildern weit weniger und unsicherer übt, als an den es um­gebenden Gegenständen, die es nach ihrer Entfernung, Gestalt, Grösse und Farbe beurteilen und messen lernen soll. Zudem schwächt ein zu früher Gebrauch der Bilderbücher das I n- teresse an denselben. „Gewiss hätten“ — sagt Niemayer sehr trefflich — „als die Bilderbücher noch seltener waren, Kinder, die in ihrem siebenten, achten Jahre das erste, noch so mittel- mässige in die Hände bekamen, unendlich mehr Freude daran als jetz unsere überfüllten Zöglinge bei dem herrlichsten em­pfinden, weil sie dessen zu früh gewohnt worden sind.“ Man begnüge sich in diesem Alter des Kindes, besonders wenn mündliche Unterhaltung und Belehrung durch die lebendige Stimme, — die vorzüglichste Methode für Klein und Gross — mangelt, oder das Spielzeug nicht genügend beschäftigend wirkt, mit den Objekten, welche das Kind entweder schon von selbst umgeben, oder die man ihm leicht verschaffen kann, und lehre es daran seine Sinne üben ; denn diese gewähren weit mehr Stoff dazu, als die — höchstens nur die Farbe und Gestalt, selten aber auch die Grösse und Entfernung darstellenden Bilder. Lerne das Kind das Pferd, den Hund, das Huhn, die Gans, den Wagen, die Blume, den Stein in natura kennen; überzeuge es sich selbst von den Eigenschaften derselben und die Begriffe, die es sich dadurch bildet, haben einen bleibenderen Wert, als all die oft sehr falschen Vorstellungen, die es aus Bilderbüchern zu schöpfen vermag; und wenn es selbst ausser dem Hause und den im Hause sich befindlichen Gegenständen, sowie ausser der nöthigen, reinen Sprache nichts kennen würde, hat es nichts, gar nichts versäumt. Oft hört man die Meinung äussern, dass dem Kinde auch Warnungen, abschreckende Beispiele, Folgen der Unfolgsamkeit, Unart, Böswilligkeit auch in Bildern geboten werden sollen. „Wenn Bilderbücher ausser der Anschauung, die sie gewähren, noch irgend einen Zweck haben, so kann es doch nur der sein, schon in der Kindesseele den Sinn für Schönheit zu wecken. Das wfird aber niemand dadurch erreichen wollen, dass er mit einer Art Abschreckungs-Theorie dem Kinde das absolut Häss­liche und Gemeine vorführt.“ Demnach sind: „Der Struwelpe­ter“, (diese ausgelassene, groteske Posse, die in beinahe zwei Mil-

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