Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1883
weit fühlen. Man fürchte deshalb nicht, dass das Märchen es in rdne Sphäre führte, woher es keine Rückkehr fände. Im Gegen- theile, man sei gerade bestrebt, in dem Kinde alles zu nähren, was dichterisch und erhaben ist. Die Welt ist ja ohnedies so düster und prosaisch, dass unsere Jugend viel, sehr viel von dem Idealismus verlieren wird, in welchem sie sich in ihrer Kindheit so glücklich fühlte“. — Und wenn man behauptet, dass eine grosse Zahl der Märchen die Phantasie mit abscheulichen Bildern und Schreckengestalten fülle, und dadurch Furcht, Aengstlichkeit und die in der gegenwärtigen Zeit so durchgreifend auftretende Nervosität begründe und fördere, nun so schliesse man eben solche Märchen von der Wahl aus und gebe dem Kinde nur gute Märchen.—Übrigens sind gesunde und aufgeweckte Kinder auch weit entfernt, all die Geschichten von Kobolden und Nixen, von Riesen und Zwergen als wahr liinzu- nehmen, und schon Niemayer hebt mit Recht hervor, dass von der Aufklärung über die Naturgesetze und deren Wirkung alle abenteuerlichen Dichtungen schon im Knabenalter wie Nebel vor der Sonne verschwinden. Und wenn man bedenkt, dass wir Menschen, um mit Herder zu reden „einmal so organisirt sind, dass wir die Dichtung nicht recht entbehren können, dass sich unsere Vernunft nur durch Fiktionen bildet, dass im Dichten der Seele, unterstützt vom Verstände und geordnet von der Vernunft, das Glück unseres Daseins besteht und ein Kind sich nie glücklicher fühlt, als wenn es sich imaginiert, und in fremde Situatioen und Personen hineindichtet“: so wird man auch dem Märchen gerne ein Plätzchen in der Jugendlektüre einräumen und dessen Genuss dem Kinde nicht ganz entziehen. Dasselbe gilt auch im allgemeinen von der Sage, welche dem Märchen an bildendem Werte gleichsteht, wenn sowohl Grausen erregende, wie kleinlich und nichtssagende Stoffe dieser epischen Dichtungsformen von der Lektüre ausgeschlossen werden. Einen geringeren Wert legen wir den ausschliesslich moralisirenden, oft wiedersinnig erdichteten Geschichten bei, welche zwar manchen Eltern, die etwa an ihren Kindern irgend eine moralische Schwäche endeckt haben, willkommen erscheinen, doch durch dieselben selten ihren Zweck erreichen ; da es eine falsche Ansicht ist, wenn man meint, dass z. B. lebhafte, unruhige Knaben dadurch gebessert werden, dass man ihnen idealisirte Kinder zu ihrem Vorbilde hinstellt, deren Thun und Lassen stets nur Frömmigkeit und Heiligkeit ist oder die wie auf einen Schlag aus Unholden brave geworden sind.