Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1882

7 gen Platz aussucht, Auswüchse abschneidet und Dornen und Di­steln ausjätet; d. h. bewahren und befestigen wir das Gute, das wir im Kindesherzen als Keim des Charakters erkennen, entwi­ckeln wir diese Keime zur Tugend und beschirmen wir dieselben vor jeder Gefahr; selbst in den verzogenen und schlecht erzo­genen Kindern lassen sich noch Charakterzüge auffinden, die nur von Bösen überwuchert wurden; und wenn sie davon befreit werden, noch gute kräftige Triebe zu schiessen vermögen. \Yollen w ir Ch ar a ktere bilden, dann ist es fer­ner nöthig, die drei Haup t fein de der Charakter- bildung: die Trägheit, den Leichtsinn und die Lüge zu über win d en. Wer ein Ziel erreichen ' will, der muss vor allem die Hindernisse wegräumen, welche ihm den Weg bedecken. Vor unserem Ziele liegen nun die drei genannten Fehler als Haupthindernisse. Der Träge will seine Zeit, ver­möge jener allgemeinen Eigenschaft der Körper, welche man Beharrungsvermögen mnnt, am liebsten im Nichtsthun verbrin­gen ; der Leichtsinnige ist charakterlos und der Lügner ist ein schlechter Charakter. Diese Sprösslinge des Egoismus kann man nicht durch Moralpredigten, Tadeln und Strafen vertilgen; sondern mau muss diesen Krankheiten Vorbeugen, noch ehe sie Krebsschäden geworden sind. Liegt die Trägheit im Körper, so muss man diesen zur Genesung u. Kräftigung verhelfen ; halte nebstbei den Zögling zu leichterer Thätigkeit an, errege in ihm das In­teresse an Beschäftigung, wenn dies auch nichts weiter als ein Spielen mit munteren Genossen wäre. Dem Leichtsinnigen lasse man sofort die üblen Folgen seines unbesonnenen, flüchtigen We­sens fühlen; er muss das Mangelhafte und den verursachten Schaden ersetzen und mit Consequenz, Beharrlichkeit und Festig­keit behandelt werden. Was endlich die Erziehung zur Wahr­haftigkeit anbelangt, müssen wir leider gestehen, dass in dieser Beziehung eben die Eltern sehr viel fehlen, ja ihre Kinder ge­radezu zum Gegentheile, zur Lüge erziehen. Eine kleine Ge­schichte aus dem Leben möge beweisen, inwiefern wir mit die­ser harten Anklage im Rechte sind. — Das kleine vierjährige Riekchen der Nachbarfamilie Schreiber zerbrach aus Unvorsich­tigkeit das von der Tante zum Andenken erhaltene werthe Glas der Mutter. Weinend und klagend kommt sie gelaufen und bit­tet die Mutter um Verzeihung; diese fährt es an, greift nach der Ruthe und sträft es empfindlich und unbarmherzig. Daraus merkte sich nun Riekchen, dass es nicht klug ist, die Wahrheit offen einzugestehen. Nicht lange darauf lässt es die Puppe zum

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