Evangélikus Elemi Iskola, Budapest, 1882

6 feine Salondanie werde. Wenn sie im besten Falle dieses ihr Ziel auch erreichen, so ist damit noch lange nicht der allge­meine, der höhere Lebenszweck der so erzogenen und gebildeten Menschen erreicht. Wenn auch so manchem Kinde die Aussicht auf eine höhere Lebensstellung gleichsam schon als Wiegenge­schenk eingebunden ei scheint, so konnten wir doch — und nicht nur als Ausnahme — erfahren, dass häufig excellente Kinder nur mittelmässige Leute, sowie mittelmässige Schüler vortreffliche Bürger wurden. Dergleichen unerwartet ungünstige Resultate verschuldet aber grösstentlieils eine Parforceerziehung. Es ist sicherlich falsch, von irgend einer Entwicklungsstufe eines Or­ganismus anzunehmen, dass dieselbe eben nur um der darauf folgenden Willen vorhanden sei. Wie eine Bliithe doch nicht vergebens geblüht hat, wenn sie auch keine Frucht zu entwi­ckeln vermochte, da sie schon als Blume ihre Bestimmung er­füll hat, so ist auch ein früh geschlossenes Leben darum noch kein verlorenes Leben. So sollen wir uns denn hüten, die Kind­heit einseitig nur als Mittel zum Zwecke anzusehen und sie le­diglich als Vorbereitungszeit für das Leben des Erwachsenen zu betrachten. Wer das Kind als solches nicht zur Entwicklung seiner ganzen Natur gelangen lässt, wird vielleicht einen brauch­baren Arbeiter, einen Künstler, einen Fachgelehrten erziehen, aber nimmermehr einen ganzen, an Leib und Seele, an Gemüth, Willen und Fantasie harmonisch gebildeten Menschen.“ Man muss zwar das Ziel früher können als die Bahn; aber eben so wahr ist es, dass der Mensch eher Mensch als Bürger und dass unsere Zukunft jenseits der Sterne ist. Trachten wir daher vor Allem unsere Kinder zu guten Menschen zu erziehen und dann können wir sie getrost naturgemäss nach ihren Anlagen, ihrer Individualität entwickeln lassen und brauchen weiter nichts zu tlmn, als höchstens dort, wo es nöthig, zu regeln, zu lenken, zu schützen und dahin zu wirken, dass in ihrem Innern religiös sittliche Wahrheiten feste Wurzeln fassen. Unsere Kinder seien nicht die Copien ihrer Erzieher, sondern originelle Menschen, da sie sonst leicht Caricaturen und Puppen werden könnten, nimmer aber thaikräftige Charaktere würden, denn solche ent­wickeln sich nur in freier Thätigkeit. „Unter fortwährendem Gän­geln gedeiht kein fester Wille !“ Damit wollen wir nicht gesagt haben, dass man jeden Trieb des Windlings, der sich nicht an den Zaun binden lassen will, ungehindert fortwuchern lasse. Im Gegentheile, man verfahre wie der geschickte Gärtner, der bei der Anlage eines Parkes, allem Edlen und Wichtigen den gehö-

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