Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1873
NEKROLOG Michael Kramer wurde am 14. Oktober 1840 zu Bistritz geboren und war der älteste Sohn des armen, aber geachteten Bistritzer Bürgers und Schustermeisters Michael Kramer. Von seinen Eltern frühzeitig zur Schule geschickt, legte der fleißige und aufgeweckte Knabe nach beendigter Vorbereitung an der Elementarschule, am Gymnasium seiner Vaterstadt den Grund zu seiner wissenschaftlichen Bildung. Wenngleich er schon als Schüler durch Ertheilung von Privatunterricht die väterliche Unterstützung zn erleichtern bemüht war, verstrich doch dem mit trefflichen Anlagen ausgestatteten Jüngling seine Schülerzeit in ungestörtem Lerneifer und lebendigem Frohsinn. Angeregt durch seinen Lehrer Heinrich Wittstock und den damaligen Director Gottlieb Budaker, von denen der erstere seinen Schülern das Verständniß des klassischen Alterthums zu eröffnen und der letztere in ihnen die Liebe zu historischen Studien zu erwecken die Gabe besaß, wandte die Privatthätigkeit des strebsamen Jünglings sich vornehmlich, wenn anch nicht ausschließlich, diesen beiden Gebieten zu, wodurch in seinem Herzen dann auch der Wunsch zum Entschlüße reifte, dem theologischen Stande sein künftiges Leben zu widmen, um bei der in unserer ev. Landeskirche bestehenden gesetzlichen Verbindung zwischen Kirche und Schule für seinen Lehrerberuf das Studium der Geschichte auf der Academie in bedeutenderem Umfange fortzusetzen und an dieser unvergänglichen Quelle geistigen Genußes sich zu stärken und zu erglühen für alles Wahre, Gute und Schöne. Nachdem er am Schlüße des Schuljahres 1859|60 die Maturitätsprüfung mit Auszeichnung bestanden, zog er voll Begeisterung für den gewählten Beruf nach Wien, wo er sich theologischen, philologischen und historischen Studien eifrig widmete und zugleich als Privatlehrer mehrere Schüler mit großer und erfolgreicher Sorgfalt unterrichtete. Diese Nebenbeschäftigung verschaffte ihm mit der von der ev. theologischen Fakultät und den von der ev. Landeskirche erhaltenen Stipendien die Mittel, welche der Vater ihm nicht zu gewähren im Stande war und die selbst für die unmittelbarsten Bedürfniße des Studiums erforderlich sind. Durch Fleiß und anstrengende Thätigkeit blieb er so unberührt