Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1872

11 das Reich, dem Tode tagtäglich unter die Augen zu treten." In einem Frei­briefe vom Jahre 1222 überläßt der König den Rittern sogar den Gewinn vom Münzwechsel, weil, wie er sagt, sie zu jener Zeit, wo er beschlossen hatte, ihnen den verliehenen Landstrich wieder zu entziehen, durch seinen Unwillen nicht wenig beschädigt worden wären. Außerdem verleiht er ihnen in dieser Urkunde noch neue Vorrechte. Sie dürfen nun auch steinerne Burgen bauen,' auf dem Marosch und Alt je 6 Schiffe abgabenfrei halten, um darauf aus den ihnen verliehenen Gruben Salz stromabwärts und andere Maaren stromaufwärts zu verführen. Ans ihren Reisen durch das Land der Sekler und Walachen haben sie keine Abgaben zu zahlen und die im Burzenlande wohnenden An­siedler sind frei und nur dem Orden Gehorsam schuldig. Durch die Ertheilung dieser bedeutenden Rechte und Freiheiten suchte Andreas II. die Ritter zu ge­winnen, damit sie mit ihrem Schwerte das Land beschützten, durch Ansiedlung deutscher Colonisten die Einöde zu einem fruchtbaren Gefilde umwandelten und so Cultur und Bildung verbreiteten. Wie in Deutschland wahrend des Mittelalters die Kirche durch ihre Einmischung in die weltlichen Angelegenheiten der Fürsten und Völker unsäg­liche Noth und Verwirrung herbeiführte, so war auch in Siebenbürgen die Herrschaft der Kirche die Veranlassung, daß die von den deutschen Rittern gegründete Pflanzung dem rechtmäßigen Könige den Gehorsam kündigend und die Oberhoheit des Papstes anerkennend, den darüber erzürnten König zum Widerrufe der Schenkung bewog. Denn auch hier, wie in allen christlichen Ländern, bildete die Geistlichkeit einen Staat, der überallhin seine Wurzeln und Zweige ausstreckte, vom Papste aber in Rom sein Leben und sein Gesetz erhielt. Schon im Jahre 1213 regelte der siebenbürgische Bischof Wilhelm die geistliche Gerichtsbarkeit über das neue Pflanzvolk. Er schenkte den Rittern den Zehnten der deutschen Bewohner, nur Ungarn und Sekler, welche sich dort ansiedeln würden, blieben seiner Kirche zehentpflichtig. Durch diese Verfügung begünstigte er zwar die Einwanderung fremder Colonisten und dadurch die fort­schreitende Cultivirung des Landes, aber seinen Einfluß wußte er sich dadurch zu sichern, daß die von den Rittern neu gewählten Pfarrer ihm vorgestellt werden mußten und daß er über die gesammte Geistlichkeit des Landes sich die geistliche Gerichtsbarkeit vorbehielt. Zugleich wurden die Ritter, wenn der Vischof ihre Colonie besuchte, zu dessen uneutgeldlicher Bewirthung und Weiter­beförderung verpflichtet. Als aber der Nachfolger Wilhelm's, Bischof Rainold, nach dem Beispiele seines Vorgängers über die anwachsende Colonie gleichfalls die geistliche Oberherrschaft ausüben wollte, verweigerte der Hochmeister Hermann von Salza den Gehorsam und führte dadurch einen heftigen Streit mit dem Bischof herbei. Papst Honorius III., an den sich der Orden in diesem Streite wandte, befreite zwar die Burzenländer - Kolonie von der geistlichen Gerichtsbarkeit des Landesbischofs, stellte sie aber zugleich unmittelbar unter die Oberhoheit des apostolischen Stuhles. Und als Rainold die Widerspenstigkeit

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