Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1871

24 ü)as unterscheidet und scheidet, betonen und ins Auge fassen, das Gemeinsame, was verbindet, vergessen. Sollte es nicht den religiösen Frieden eines Volkes in hohem Grade fördern, wenn die Kinder gemeinsam, auch äußerlich gemeinsam, auf derselben Bank, vom selben Lehrer dasselbe lernten? Sollte nicht auch hierin ein Mittel gegeben sein den Gemeingeist zu wecken und durch Gewohnheit zu befestigen? Wie aber müßte ein solcher confessionsloser, allgemein christlicher Religions­unterricht beschaffen sein? Das ist überaus einfach. Die Bibel ist das Grundbuch und die Quelle unserer religiösen ErkenNtniß. Kein Buch ist gleich der Bibel geeignet, daß es dem Kinde seine erste Anschauung von Gott und Welt gebe; kein Buch gibt es, in dem der Greis seine späteste und reifste Weisheit so tief und klar ausge­sprochen fände als in der Bibel. Die Bibelsprache hat einst das deutsche Volk geistig und sprachlich geeint, so bleibe auch die Bibel das Erste in dem Allge­meinen und Gemeinsamen des geistigens Lebens in der Schule. Der Religions­unterricht der Schule sei also wesentlich Bibelkunde. Zu Grunde gelegt werde eine Schulbibel d. h. eine zweckmäßige Auswahl, die das ausschließt, was' die sittliche Reinheit des Kindes gefährdet. Schlicht und einfach und doch so un­ermeßlich tiefsinnig, wie das Bibelwort selbst sei die Lehre; durch seine einfache Schönheit ergreife und fessele es zunächst das kindliche Gemüth. Während so die Schule das allgemein Christliche gibt, ist es Sache des Confirmanden-Unterrichtes durch den besonder» Geistlichen, die Besonderheiten des Bekenntnisses den Kindern vor ihrer Einsegnung mitzutheilen und sie in das besondere Leben ihrer Kirche einzuführen. Katechismus und Glaubensbe- kenntniß gehören nicht in die Schule, sondern in den Confirmanden-Unterricht. 2. Wir werden geboren als Deutsche, Ungarn, Franzosen u. s. w., d. h. wir sind national bestimmt. Sitten, Gebräuche und bürgerliche Einrichtungen hat jede Nationalität, die einen mit dieser, die andern mit jener gemein; das eigenste Wesen der Nationalität findet seinen Ausdruck in der Sprache. Wo daher im staatlichen Leben die Nationalität in Frage kommt, tritt die Sprache, bereit Anerkennung und Anwendung sofort in den Vordergrund. Nach der Sprachgränze ist hauptsächlich die politische Gränze Deutschlands gegen Frank­reich gezogen worden, nach dieser sollten naturgemäß die Marken auch anderer Staaten gezogen werden, denn „wo römische Sprache ist, da ist römisches Reich." Wer eine Nationalität unterdrücken will, sucht zuerst die Sprache zu tobten. „Unsere Sprache ist unsere Geschichte, sie ist für das geistige Leben, was die Haut für den Leib. Die Sprache bildet die Völker und der Gedanken­reichthum eines Volkes bestimmt seine Weltherrschaft." (Grimm.) Da nicht bloß Geist und Gemüth, sondern auch die politische Bedeutung eines Volkes mit der Sprache verwachsen ist, so hat der Unterricht und die rechte Ver-

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