Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1865

5 erkennen, des Unterscheidenden der einzelnen Varietäten oder Arten sich bewußt zu werden, um so eine gründliche Kenntniß des thierischen und pflanzlichen Organismus, der Fauna und der Flora eines Landes sich zu verschaffen. Sollte sich da nun aber das Auge den großartigen Erscheinungen in dem weiten großen Lufträume verschließen! Welcher Abstand, welche Mannigfaltigkeit zwischen den einzelnen Erscheinungen! Dort eine feuerige Kugel oder ein Schwarm fallender Sternschuppen, hier ein Meteor, das mit Gekrach auf die Erde fällt und sich in die Erde gräbt, dort der zuckende, zündende Blitz, der rollende Donner, das heranstürmende Gewitter und der verheerende Hagel, dort der nordische Winter, hier die tropische Glühhitze, dort die malerische Erscheinung der Nebensonnen und Höfe, hier der bezaubernde Regenbogen, dort der rähtsel- hafte Komet, das Zodiakallicht, die Luftspiegelung, das Nordlicht, — sind das nicht Erscheinungen, die so recht geeignet sind den Geist und den Verstand des Menschen in Anspruch zu nehmen, ja Jahrelang zu beschäftigen und Denken und Sinnen im Menschen zu erwecken — auch wenn der praktische Nutzen dieses wissenschaftlichen Strebens und Forfchens noch nicht sehr groß ist! Die meteorologischen Beobachtungen verbinden also mit dem prakttschen Nutzen, der aus ihnen fließt, die Erforschung wunderbar schöner, großartiger Naturphänomene. Doch dieses letztere Gebiet ist für das Klima eines Ortes wenig bestimmend, wiewohl im Allgemeinen ein Einfluß nicht geleugnet werden kann. In Folgendem wollen wir aber nun zunächst diejenigen Erscheinungen näher in's Auge sassen, deren Kenntniß zur Erforschung eines Klimas unbedingt nothwendig ist. Was versteht ntcut aber mm zunächst unter dem Klima eines Ortes? Wenn wir von der speziellen Bedeutung des Wortes, welche die Neigung eines TheileS der Oberfläche der Erde zu den Strahlen der Sonne bezeichnet, absehen, so begreift man unter dem Worte Klima im Allgemeinen die das normale Gedeihen und Wachsen der Thier- und Pflanzenorganismen fördernden Ver. hältnisse. Da nun zu den Bedingungen des Lebens der Thiere und Pflanzen eine gewisse Temperatur, Luft und Wasser nothwendig sind, so bezeichnet man die Vertheilung der Temperatur, der Hhdrometeore und der Luftströmungen auf einen Ort im allgemeinsten Sinne mit dem Worte Klima. Doch da diese Verhältnisse nicht allein von der geographischen Breite abhängen, sondern auch noch beeinflußt werden durch die Vertheilung von Land und Meer, von der vertikalen Erhebung über dem Meeresspiegel, ja sogar von der Bodenbeschaffen­heit des festen Landes, so ist es natürlich, daß jeder Ort der Erde sein eigenes Klima haben muß. Die Wärmecapacität und die Wärmeausstrahlung wird sich verschieden gestalten und so sich der Unterschied zwischen See- und Con- tinentalklima nach Humboldt, excessives und gemäßigtes Klima nach Buffon ergeben, oder nach Dove der Unterschied der Systeme von Klimaten, wie sie

Next

/
Thumbnails
Contents