Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1864

Ein Heilmittel für die genannten Schäden kann der Augenblick, kann die Jetztzeit nicht geben, da auch die größeren Verhältnisse des Landes und der Nachbarländer nicht sehr dazu angethan sind. In mancher Beziehung fehlt das Können, in mancher das Wollen. Würden sich z. B. einige Handwerker in den improvisirten Märkten ansiedeln, so würden sie und die an Zahl vermin­derten Genossenschaften nur gewinnen; denn es müßte das, Zeit und Geld raubende, wandernde Marktleben aufhören und jeder könnte sich einen seinen Kräften entsprechenden Wirkungskreis schaffen. Doch bin ich überzeugt, daß keiner der mir Bekannten auch nur daran denken möchte, sich in ein sächsisches, geschweige denn in ein walachisches Dorf einzubürgern. Die in Bistritz durch­gängige Verbindung von Landbau und Handwerk wird von einigen als Haupt­ursache des werdenden Nothstandes angeklagt, indem sic behaupten, daß eins von beiden oder beide zugleich vernachläßigt würden. Wenn einmal die uns umgebenden Verhältnisse andere geworden, der Verbrauch und Absatz größer, der Verkehr lebhafter als jetzt; so stimme ich ihnen vollkommen bei. Jetzt aber muß es bei vielen als ein Glück betrachtet werden, daß sie für die. im Handwerk wegen Mangel des Absatzes nicht zu verwerthende Zeit im Landbau wenigstens den Arbeitslohn erhalten, wenn sie gleich keinen Gewinn machen. Nach meiner Ueberzeugung werden nur die beiden großen Lchrmei- sterinnen die Zeit und die Noth erreichen lehren, was noththut, aber guter Wille und Verständniß müssen dazu behilflich sein, die Schranken, welche Vor- urtheil und Gewohnheit noch ziehen, müssen durch das Wissen durchbrochen, neben den alten Wegen neue betreten werden. Dann steht eine bessere Zukunft um so mehr zu hoffen, da in weiten Räumen die sächsischen Gewerbe nur sächsische Konkurrenz noch auf längere Zeit zu fürchten haben. Die Ungarn sind bekanntlich zu ritterlich zum Handwerk und die Walachen, welche aufstreben richten, ihr Augenmerk jedenfalls noch lange Zeit mehr auf Domherrn- und Präsidentenstühle, als auf Schusterstühle und dergleichen. Von den einzelnen Genossenschaften -oder Zünften sind die Lederarbeiter die zahlreichsten. Ledrer, Bauernschuster, Kirschner. Tschismenmacher zählen alle 40 bis 60 Meister. Die Ledrer, nur etwa zur Hälfte selbstständige Meister, ver­arbeiten im Jahre etwa 12000 Stück Ochsen- und Kuhhäute, meist zu Sandalen — Opinschen — Werkes, — nur etwa 2400 Stück werden für die Riemer zubercitet. Bezogen werden die Häute aus der Moldau, Galizien, in neuerer Zeit auch von Pejk^das meiste Leder dafür abgesetzt in den westlichen Theilen Siebenbürgens ^Cnyed, und in der Maramoros. —^ Die Bauernschuster arbeiten nur füredié sächsischen Bauern des Gaues und der umliegenden Komitate die schwerfälligen doch starken Stifel und verbrauchen dazu etwa 4500 Stück Kuhhäute und Pitlinge, welche sie selbst ausarbeiten. Die Kirschner liefern meist

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