Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1863
4 der Lehrjungcn, setzte hohe Zunfttaxen fest und forderte von Einwanderern Geburts- und Lehrbriefe, sowie Zeugnisse über guten Leumund. So entstanden aus den Zünften und durch dieselben in mündlicher Ueberlieserung die zahlreichen alten schlechten Gesetze und Einrichtungen, von denen die Urkunde 1376 redet, und wurde die oft willkührliche Bedrückung durch dieselben eben bei dem Mangel geschriebener Gesetze nur um desto mehr gefördert und gestützt. Es ist kein Zweifel, daß die, durch den immer stärker werdenden Zunftzwang hervorgerufenen Klagen solcher Leute, welche man von der Zunft fernzuhalten suchte, dann aber auch Mißhelligkeiten, welche zwischen den Gewerbetreibenden einerseits, andererseits den Acker- und Weinbauern entstanden waren, König Ludwig I., der ein entschiedener Freund freiester Gewerbethätigkeit war, bewogen, alle Zunftabsonderung aufzuheben und volle Gcwerbcfreiheit, wie sie früher immer gewesen war, cinzuführen, bis er später aus dringendes Ansuchen der Vertretung der 7 Stühle in die Wiederherstellung der Zünfte willigte. Aber diese Hersteuung derselben sollte nicht auch zugleich eine Widereinsührung ihrer beschränkenden Satzungen und Mißbräuche sein, daher die ungewöhnliche Erscheinung, daß der König die fcstzusetzenden Zunftartikel durch seine beiden Kommissäre überwachen ließ.-Betrachten wir nun die merkwürdige Urkunde von 1376 von diesem eben entwickelten Standpunkte aus, daß der König darin weniger das gab, was die Zünfte wünschten, als was die außerhalb der Zünfte stehenden für nothwendig zu ihrem Schutze hielten, so werden wir aus den getroffenen Bestimmungen sehr leicht auf die Mißbräuche, die man abhaltcn wollte, zurückschließcn können. Es sind aber die Hauptpunkte dieser Bestimmungen folgende: 1. Jeder Handwerker darf nur ein Handwerk ausüben, bei Strafe von 20 Mark feinen Silbers. 2. Jeder Handwerker ist befugt, für seine Person sein Handwerk mit vollster Freiheit zu 'betreiben; im Einkauf von Rohmaterial und Verkauf seiner Erzeugnisse, sowie in der Zahl seiner Hülfsarbeiter unterliegt er gar keiner Beschränkung.