Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862

vSs gibt wohl für jeden Menschen kein lohnenderes und angenehmere- Geschäft als das, zu sehen, wie das Volk, welchem er angehört, ein solches geworden, welches es eben ist; wie es sich durch angestrengte Mühe und nimmer ruhende Arbeit in dem unaufhörlichen Fluße des geschichtlichen Werdens zu dem Standpunkte hinaufgeschwungen, welchen es jetzt einnimmt; wie es mit nieaufhörender Sorge und Umsicht bestrebt ist, den einmal errungenen und erkämpften Platz zu behaupten, trotz der vielen und großen Hindernisse, welche sich ihm entgegenstellen. Und mit gesteiger- tem Interesse sieht der forschende Beobachter, wie in den Zeiten der Noch und Drangsale aus dem Volke heraus sich Kräfte zum Kampfe rüsten; wie dieselben geeignete Mittel anwenden, den drohenden Untergang zu beseitigen und wie sie dadurch das Volk siegreich hervorsühren aus dem Verderben. Je wichtiger nun der Posten ist, welchen ein Volk einnimmt, je- trefflicher es denselben bisher behauptet hat, um so mehr steigert sich das Interesse für die Existenz desselben. Und wer könnte es läugnen, daß das sächsische Volk in Siebenbürgen nicht eines derjenigen ist, welches seine oft schwer errungene Stellung am herrlichsten behauptet? Wer möchte es in Abrede stellen, daß dieses Volk seine Aufgabe, die ihm,die geschichtliche Entwickelung der Verhältnisse gestellt, nicht in hohem Maße trefflich gelöst hat? Hat es doch — und an gefahrvollen, hemmenden Hindernissen hat es die Zeit nicht fehlen lassen — im vollkommenen Bewußtsein seiner Aufgabe sich nicht nur Grund und Boden von der Natur gleichsam abgetrotzt, so zwar, daß es oft mit dem Schwerte in der Hand den Pstug geführt und seine neuen Bauten, seine frisch bebauten Felder gegen alle fremden Eindringlinge beschützt, sondern auch, den wirrvollen Zeiten Trotz bietend, im Bewußtsein seiner großen Mission geistige Bildung und Kultur gebracht in ein Land, in welchem von diesen Dingen keine Spur, und geistige und sittliche Roheit heimisch war. Ja durch diese treue Arbeit an der Vollendung seiner Aufgabe hat es, trotz den fremden Elementen, welche es umgaben, sich seine Nationalität rein und unvermischt erhalten, so daß es noch nach Jahrhunderten dasselbe Volk geblieben, welches es bei seiner Einwanderung war; hat es, seiner deutschen Abstammung treu,