Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862
20 schen Grammatiken, seine Lehrbücher über Dialektik, Rhetorik, Physik Ethik. Diese letztere bearbeitete er aus dem griechischen Originaltexte des Aristoteles und verschmähte dabei die corrumpirten üblichen lateinischen Übersetzungen. Und getreu dem mächtigen, tiefeingreifenden Prinzipe der Reformation vergißt er nie durch alle diese Wissenschaften das Bibelver ständniß zu befördern. Ueberall, wo sich ihm nur Gelegenheit dazu bietet, gibt er praktische Anleitungen dazu. Durch dieses Prinzip wurden die Lehranstalten Deutschlands in Bezug aus wissenschaftlichen Fortschritt emporge- riffen aus dem langen Winterschlafe, es begann über dem wissenschaftlichen Felde die Morgenröthe einer bessern Zeit zu leuchten. Es war die ganze wissenschaftliche Welt umgewandelt; sie war eine andere geworden. Eine andere auch in Bezug auf die Sitten auf den Anstalten? Die Beantwortung dieser Frage soll noch erörtert werden: Wenn wir die Frage stellen: Wie hat sich das reformatorische Prinzip in Bezug auf Sitten und Gebräuche der Studirenden Bahn gebro- chen? So muffen wir bei der Beantwortung derselben allerdings gestehen, daß dieselben trotz der hochanstrebenden Bemühungen der Reformatoren hart darniederlagen. Denn trotz dem tiefen Einwirken Melanchthons und Luthers auf die Studirenden, trotz des besten persönlichen Verhältnisses zu denselben konnten sie ihre Klagen darüber doch nicht verbergen. Und besonders Melanchthon empfand die Sittenverderbniß, welche auf den Univer- fitäten und auch in Wittenberg, dem Vorbild des wissenschaftlichen Fortschrittes, herrschten, sehr tief. Er kann es sich nicht verbergen, wie nach theilige Folgen das zügellose Treiben der Studenten haben mußte. Denn wir hören ihn, den guthmüthigen, sanften Lehrer, sprechen: „Nie war die Jugend so nachlässig gegen die Gesetze, sie will nur nach eigenem Willen leben, dem fremden sich nicht fügen. Gegen das Wort Gottes und die Gesetze find sie taub. Wie wenige streben nach gründlichen Wiffen", oder an einem andern Orte: „Denkt doch nicht Universitäten seien bestimmt müssige Jünglinge zusammenzubringen, um sich zu erlustigen und zu spielen; nein, Pfleger der himmlischen Lehre sollt ihr sein und anderer guter Wissenschaften"*). Widerspänstige, Unruhstifter, Nachtschwärmer, Häuserstürmer, Gärtenverwüster, Diebe ja selbst gemeine Hurer finden wir, wie aus andern Universitäten, so auch in Wittenberg. Es mag dieses heillose Leben der Studenten wohl ein Erbtheil aus jenem mittelalterlichen Leben sein und ihre Rohheit durch die Zeitumstände *) Raumer, a. o. O. IV., S. 38 u. 39.